1886 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Lincke, G. A., Ohlert, Bernhard, Klöden, Gustav Adolph von, Ernst, L., Biernatzki, Johannes, Köppen, Fedor von, Blasendorff, Carl
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Die Leiden Neubrandenburgs. 165
Bestimmungen der Art, wie sie 1828 mit überschwenglichen Ausdrücken der
Dankbarkeit, Liebe und Verehrung vorgegeben hatte.
Mit dem Namen Neubrandenburgs ist auch derjenige der Romanschrift-
stellerin Gräfin Ida Hahn-Hahn verknüpft, die hier ihre Jugendbildung erhielt
und später die Bnlwersche Kavalierpoesie ins weiblich Deutsche übertrug, bis
sie, des Suchens nach dem Rechten und der Poesie überdrüssig, sich Rom in
die Arme warf.
Die Geschichte von Neubrandenburg ist denkwürdig genug, um
daraus einige interessante Züge herauszuheben. Die Stadt wurde 1248 unter
dem Markgrafen Johann von Brandenburg durch dessen Lehnsmann Herbort
von Raven gegründet und mit dem Rechte von Brandenburg bewidmet. Sie
blieb bis 1292 Eigentum des Markgrafen, wo dann sie durch die schon er-
wähnte Heirat Heinrichs des Löwen von Mecklenburg mit dem Laude Stargard
an Mecklenburg kam. Während des Bestehens der Linie Mecklenburg-Stargard
1352—1471 war Neubrandenburg schon die größte Stadt dieses Landes; die
Herzöge von Stargard nannten sich daher auch hin und wieder Herzöge von
Neubrandenburg. Im Jahre 1449 schloß Neubrandenburg mit Friedland und
mehreren pommerschen Städten ein Bündnis gegen die „Straßenräuber, Pferde-
und Kuhdiebe, Nachtpocher, Mordbrenner und andre Friedensstörer". Im
17. Jahrhundert hat Neubrandenburg besonders stark gelitten: 1614 brannte
es zum dritten Teil ab, 1625 wütete eine pestartige Krankheit in ihr, 1627
wurde sie von dem Wallensteinfchen General v. Arnim eingenommen und mußte
das Jahr darauf dem Friedländer huldigen und erhielt eine kaiserliche Besatzung
unter dem Oberst Marsonn, die am 2. Februar 1631 durch den König von
Schweden zum Abzug genötigt wurde. Gustav Adolf ließ in der Stadt eine
Besatzung von Deutschen und Schotten, ungefähr 2000 Mann, unter dem General
von Kniphausen, worauf der ligistische General Tilly aus der Kurmark mit
18 000 Mann anrückte. Voran schwärmten brennend und mordend die Kroaten,
Tilly besetzte Stargard und drei Tage darauf, 17. März, erschien er vor Neu-
brandenburg. Nach stattgehabter Rekognoszierung sandte er am 17. März
einen Trompeter in die Stadt, der den General Kniphansen fragte, ob er die
Stadt jetzt aufgeben oder den Ernst erwarten wolle. Dieser antwortete, er
wolle als Kavalier und Soldat erwarten, was General Tilly dagegen vor-
nehmen würde. Alsbald wurden die Stücke von allen Batterien zugleich auf
die Stadtmauern und Wälle gelöst. Dies dauerte den ganzen Tag und es
wurde unweit des Neuen Thores eine Bresche gelegt, so daß die Mauer dort
nicht mannshoch stehen blieb. Diese verstopften die Bürger in der Nacht mit
Balken und Erde und errichteten Brustwehren in den dahinter liegenden Straßen.
Den folgenden Tag schössen die Feinde wieder und eröffneten die reparierte
Bresche aufs neue. Am 19. März schickte Tilly wiederum an Kniphauseu
und ließ ihn fragen, ob er nun die Stadt aufgeben und mit solchem Akkord
abziehen wolle, wie des Königs von Schweden Majestät zuvor dem Obersten
Marsonn gestattet habe. Wiewohl nun die andern Offiziere sowie Rat und
Bürger sahen, daß die Stadt bei so geringer Besatzung und mit nur drei Fal-
konetten vor so großer Macht sich nicht würde halten können, und deshalb dem
General Kniphausen dringend rieten und ihn fiehentlich baten, einen annehmbaren