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1. Bilder aus den deutschen Küstenländern der Ostsee - S. 168

1886 - Leipzig : Spamer
168 Die Leiden Neubrandenburgs. und die benachbarten kleineren Lübz, Krivitz, Plau, Malchow, Neustadt ebenso mißhandelte. In diesen Nöten hatte Neubrandenburg einen Teil seiner Güter verkaufen müssen; gleichwohl kam es 1665 zum förmlichen Konkurs der Kom- mune, deren Schulden, 54000 Thaler, den damaligen Wert des Stadtgutes überstiegen, so daß die Stadt 1671 ihre sämtlichen Güter den Gläubigern überlassen mußte. Und während des Krieges zwischen Schweden und Branden- bürg 1676 brannte sie bis auf 31 Häuser und Buden nieder, als ein nnvor- sichtiger Schuß eines Soldaten ein Strohdach entzündet hatte. Der letzte große Brand war 1737, bei welchem 222 Häuser in Asche gelegt wurden. Von so vielen Leiden hat die arme Stadt sich durch die Tüchtigkeit ihrer Bürgerschaft und ihres Rates allgemach wieder erholt und zu einer Art Wohl- stand erhoben. Wenn sie auch an Einwohnerzahl von der Residenz Neustrelitz überflügelt wird, so ist sie doch vom Laude Stargard immer als seine Haupt- stadt angesehen und in ihr sind deswegen die öffentlichen Institute, die nicht an den Hof angewachsen sind, vereinigt. Als im Anfang April 1813 der Herzog Georg vom Rheinbunde abtrat, sich an Rußland und Preußen anschloß und ein Regiment Kavallerie auszurüsten und ins Feld zu stellen versprach, stellte sich eine Überzahl junger Leute freiwillig, so daß keine Aushebung nötig war, darunter fast alle jungen Leute der Neubrandenburger großen Schule, deren Alter und Kräfte es erlaubten, auch der Konrektor Milarch. Die Aus- rüstuug des ganzen Regiments wurde durch freiwillige Gaben beschafft. Der Herzog gab sein Silberservice, 30 000 Thaler an Wert, die Gaben aus Neu- brandenbnrg betrugen 8000 Thaler; im ganzen wurden 200 000 Thaler auf- gebracht. Außerdem stellten sich 60 junge Leute als freiwillige Jäger, die sich selbst ausrüsteten und unterhielten. Seitdem Neubrandenburg durch die Eisenbahn mit Rostock, Stralsund, Stettin, Berlin und dem südwestlichen Mecklenburg in rasche Verbindung gekommen ist, hat es auch angefangen, den engen Zirkel seiner Mauern auf der Bahnhofsseite zu sprengen und eine mit geschmackvollen Häusern und hübschen Gärten besetzte Vorstadt zu erbauen. Seine zentrale Lage inmitten so vieler Verbindungen mit einem großen Produktenreichen Umkreis verheißt ihm ein rasches Wachstum, durch welches bald alle Narben verschwinden werden, die ihm von den einst überstandenen Kämpfen noch hier und da übrig geblieben sind. Die Physiognomie des Stargardschen Landes würde nicht vollständig sein, wenn nicht auch Friedland darin sichtbar wäre, die älteste Stadt des Landes mit etwas über 5000 Einwohnern, zwei Kirchen, anmutigen Wallpromenaden, durch ihre große und ergiebige Feldmark die reichste der strelitzischen Städte, im äußeren Aufputz aber hinter allen andern zurückgeblieben. Die hauptsächlichste Nahrungsquelle ihrer Bewohner liegt in ihrer 56 74 qkm großen Wiese; in ihrer Umgegend blüht der Tabaksbau, da die Tabakspflanze auf dem leichten und warmen Boden in vorzüglicher Güte gedeiht. Unter dem Patronat des Rats steht das in ihr befindliche Gymnasium, das sich durch einen hervortretenden Zug altväterischer Einfachheit und Biderbigkeit vor den übrigen höheren Schulen des ganzen Mecklenburg auszeichnet. Bei aller Einfachheit des Lebens verstehen die Friedländer aber sehr wohl auf einen Schelm anderthalb herauszugeben.
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