Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Bilder aus den deutschen Küstenländern der Ostsee - S. 364

1886 - Leipzig : Spamer
364 Marienburg, der Sitz der Hochmeister. Ein Strafgericht gegell Andersgläubige. Zwar wurde auch der unter der Herrschaft des Ordens verbleibende östliche Teil des Landes durch seine Abhängigkeit von der polnischen Krone an einer gedeihlichen Entwicklung viel- fach behindert. Weit unheilvoller gestalteten sich aber die Folgen der Empörung für das direkt unter die polnische Oberhoheit gekommene westliche Preußen. Fast nur das in sich mächtige und starke Danzig erfreute sich, aller Beschrän- hingen seines Handels von seiten des Ordens nunmehr enthoben, wirklich einer Zeit hoher Blüte und stets zunehmenden Wohlstandes. Die noch nicht völlig vollzogene Germanisierung Pommerellens wurde dadurch natürlich aufgehalten und zum Teil rückgängig gemacht. Auch in die völlig deutschen Gebiete auf dem rechten Weichselufer drang vielfach das polnische Element ein, so daß viele der größeren Güter in den Besitz polnischer Adliger gelangten und die arbeitende Klasse auf dem Lande und selbst in den Städten zum Teil der polnischen Natio- nalität angehörte. Mit Mühe nur vermochten die größeren Städte die ihnen fest zugesicherte Selbstverwaltung gegen die Übergriffe der Polen einigermaßen zu wahren, die um so gehässiger und planmäßiger versucht wurden, seit durch die Reformation, der sich die deutsche Bevölkerung fast vollständig anschloß, der Gegensatz sich noch verschärfte. Welch eine Rute sich das Land mit der Übernahme der polnischen „Schutz- Herrschaft" selbst aufgebunden, sollte gerade Thorn, von wo die Auflehnung gegen den Orden ihren Ausgang genommen, in schrecklicher Weise erfahren. Obwohl im Frieden zu Oliva 1660 ausdrücklich festgesetzt war, daß der Besitz- stand der Religionsparteien unverändert in dem Stande wie bei Abschluß des Friedens bleiben sollte, wußten die Katholiken unter dem Beistande der pol- nischen Könige durch gefälschte oder nichts beweisende Dokumente unter ver- schiedenen Vorwänden eine nach der andern der lutherischen Kirchen sich an- zueignen und gegen das Abkommen neue Klöster in der Stadt zu gründen. Daß hiernach zwischen Lutherischen und Katholischen in der Stadt Spannung und Erbitterung herrschte, ist begreiflich, besonders seit ein Jesuitenkollegium in der Stadt eingerichtet wurde, zwischen dessen Studenten und denen des lutherischen akademischen Gymnasiums es zu häufigen Reibungen kam. Diese führten am 17. Juli des Jahres 1724 zu einem größeren Tumult, der von den schrecklichsten Folgen für die unglückliche Stadt war. Bei Gelegenheit einer Prozession hatten Jesuitenschüler einzelne Zuschauer, die mit entblößtem Haupte dabeistanden, zum Niederknien zu zwingen versucht, sie auf ihre Weige- rung arg beschimpft und gemißhandelt, wobei einer derselben auf Anordnung des ersten Bürgermeisters Johann Gottfried Rösner durch die Stadtsoldaten er- griffen und in Gewahrsam gebracht wurde. Die darüber erbitterten Jesuiten- schüler durchzogen mit Tumult die Straßen, faßten einen deutschen Studenten und schleppten ihn nach dem Jesuitenkollegium. Bürgermeister Rösner ließ seine Loslassung fordern, da aber der Pater Rektor zuerst die Freilassung des Polen verlangte, hatte inzwischen eine aufgeregte Menge sich drohend vor dem Kollegium versammelt, die, als die Jesuitenschüler aus den Fenstern warfen und schössen, zu wütendem Angriff schritten, die Fenster zertrümmerten, dann in das Gebäude drangen, dasselbe verwüsteten und mit den herausgeschleppten Möbeln und allerlei Hausgeräten auf der Straße ein Feuer entflammten.
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer