1880 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Hocker, Nikolaus, Köppen, Fedor von, Finger, Friedrich August, Albrecht, Längin, J., Buttgers, J., Mehlis, Christian, Klöden, Gustav Adolf von
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
10 Der Bodensee und seine Ufer.
Das Becken des Bodensees. Die beiden großen und schönenwasser-
decken, welche sich am Nordost- und Südwestrande der Schweiz in fast
gleicher Höhe über dem Meere, sowie in fast gleicher Länge, Breite und Tiefe
ausdehnen, und die eine so große Anziehungskraft aus die Besucher des
Alpenlandes ausüben, haben in Bezug auf ihre landschaftlichen Reize und
ihre Umgebungen mit einander viel Gemeinsames. Beide sind durch
ihre Quellströme an die schneeigen Gipfel des Gotthard geknüpft, beide
die Eingangspforten zur Alpeuwelt der Schweiz, beide alt berühmt iu
Geschichte und Sage, und durch Malerei und Dichtkunst verherrlicht. In
ihren großen und tiefen Becken sammeln sich die beiden größten Alpeu-
ströme der Schweiz, vom Schlamm sich reinigend, den sie vom Hochgebirge
abschwemmten: Rhein und Rhoue. Allein die Wassermassen des Bodensees
sind imposanter und meerartiger als die des Lemansees, und seine User
mit ihren fruchtreichen Gärten, üppigen Wiesen und Weinbergen, ihren
Obstpflauzuugeu und schattigen Wäldern, mit ihrem lieblichen Gewirre in
einander verschlungener Hügel und Niederungen, ihren traulichen Städten
und Dörfern, ihren Schlössern und Ruiueu, ihrem fleißigen sorglichen An-
bau und ihrer Kultur wirken, wenn sie im Sonnenschein daliegen, wahrhaft
bezaubernd auf das Gemüth und laden nicht minder zu trautem, Heimat-
lichem Verweilen ein.
Der Bodensee besteht aus zwei scharf zu sondernden Theilen, dem eigent-
lichenbodensee oderobersee, und dem sogeuauuteu Zeller- oder Untersee
mit der Insel Reichenau. Letzterer ist von dem Bodensee durch den Rhein-
strom getrennt, der nach seinem Austritt aus dem Obersee wieder eine
Strecke weit zu einem selbständigen Strome geworden ist und im Uutersee
abermals zu eiuem seeartigen Gewässer sich erweitert. Der Untersee hat,
wenn man denselben ostwärts von der Brücke zu Stein und westwärts bis
Gottlieben rechnet, bei 2,6 g. M. Länge einen Flächeninhalt von 1,12 q Meilen;
beide Seen zusammen sind 9,49 qmeilen oder 539 qkm groß, und zwar
ohne die beiden in ihnen liegenden Eilande Reichenau und Maiuau, die
zusammen 0,115 qmeilen Flächeninhalt haben.
Er erstreckt sich der Länge nach von Südosten nach Nordwesten, ist
im Südosten am breitesten, im Nordwesten am schmälsten. Die Ufer sind
nur an wenigen Stellen steil, meist flach und niedrig und im Süden theil-
weise morastig. Er hat mit dem Zeller- oder Untersee einen Umfang von
26,3 Meilen oder 195 km.
Seine größte Länge von Bregenz bis zur Müuduug der Stockacher
Aach beträgt 81/20 Meileu, von Bregeuz bis zur Koustauzer Brücke 6^/4 Meilen.
Seine größte Breite hat er zwischen Rorschach und Wasserburg und zwischen
Romanshorn und Friedrichshafen; erstere beträgt l7/8 Meilen, letztere
2v33 Meilen; die Entfernung von Rorschach bis Friedrichshafen, d. h. die
am meisten befahrene Strecke, beträgt 2^/20 Meilen.
Von Konstanz bis Ueberlingen und Ludwigshafen, also am Nordende,
ist der See viel schmaler; die mittlere Breite beträgt nur etwas über
3/10 Meilen.