1880 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Hocker, Nikolaus, Köppen, Fedor von, Finger, Friedrich August, Albrecht, Längin, J., Buttgers, J., Mehlis, Christian, Klöden, Gustav Adolf von
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Ein Ausflug in das Weinland. 103
Kaiser Friedrich Iii. verlieh den Herren von Rappoltstein das Recht, für
diese Genossenschaft einen „Pfeiferkönig" zu ernennen. „Unsere liebe Fran"
von Dusenbach ward zu ihrer Schutzpatronin erkoren. Alljährlich am Tage
von Maria Geburt (8. Sept.) versammelte der König sein lustiges Völkchen
in der Herberge „Zur Sonne", um mit ihm die Angelegenheiten zu ordnen,
Recht sprechen zu lassen und die Abgaben zu erlegen. Dann zogen sie unter
dem Schall der Glocken zur Kirche, das Banner, Trompeten und Trommeln
voran. Hinter dem Banner ging der Pfeiferkönig mit der Krone, dem Symbol
seiner Würde; nach ihm kamen die Mitglieder des Pfeifergerichts, voran der
Weibel, dann die Spielleute je zwei und zwei. Jeder trug das Bundes-
zeichen mit dem Bildniß Unserer lieben Frau von Dusenbach und spielte sein
Instrument. Die Messe wurde mit großer Musik gefeiert. Nach der Messe
gingen alle Mitglieder, der König voran, zum Opfer und begaben sich dann
auf das Schloß, wo dem Könige die schuldige Huldigung und ein Ständchen
gebracht wurde. Ein Mahl und fröhliches Zechen im Znnfthaus beschloß die
Feierlichkeit. Eine Erinnerung an dieses lustige Treiben ist uns mit dem all-
jährlich am Dienstag nach Mariä Geburt in Rappoltsweiler stattfindenden
Jahrmarkt, welcher „der Pfeifertag" genannt wird, noch bis auf den heutigen
Tag überkommen. Auch ein nahe dem Marktplatz liegender Brunnen, dessen
vier Wassergießer einen geharnischten Ritter, einen Knappen mit Eselsohren,
einen Löwen mit Mönchskopf und einen Schalksnarren mit Schellenkappe
vorstellen, ist bezeichnend für die ehemalige Hauptstadt des Pfeiferkönigthums.
Freilich, so üppig mag bei den Gelagen unserer „varenden Lüte" der
elsasser Wein nicht geflossen sein, als an der bischöflichen Tafel zu Zabern,
wo das nngebenre Horn eines Auerochsen als Humpen, mit vier Litern
Wolxheimer Weines gefüllt, von den Zechern in einem Ansatz geleert
wurde; lustiger aber ging es gewiß bei den Spielleuten her.
Die Weine des Elsaß sind gnt. Es ist die Glnt der bnrgnnder Traube,
gereift au deutschen Berghängen. Sie haben Feuer und Kraft, Blnme und
Gehalt, d. h. sie wollen getrunken sein — mit Verstand und mit Maßen;
erzählt man doch selbst von dem Urbilde der Heldenkraft, dem Alkiden
Herakles, einen Mythus, welcher beweist, daß der elsasser Wein nicht allein
den stärksten Mann bewältigen, sondern sogar einen Halbgott umnebeln kann.
Als nämlich Herakles für seinen König Enrysthens dem dreigestaltigen Riesen
Geryon die herrlichen Herden entführte und die rothen Rinder über Gallien
seiner Heimat zutrieb, kam er auch in die Gegend des heutigen Kolmar, war
aber von seinen Hercnlesarbeiten so müde, daß er eines Trunkes bedurfte.
Der starke Oberländer bewältigte den Halbgott, so daß er einnickte und am
andern Morgen die Zeit verschlief. Beim raschen Aufbruch vergaß er seine
Keule, welche von der Stadt Kolmar, die auf der Schlafstelle des Herakles
später entstand, als Wahrzeichen in ihr Wappen aufgenommen wnrde.
„Es muß Rangen oder Reichenweihrer gewesen sein, den der Alkide
getrunken", bemerkt der sachkundige Chronist, und was es mit dieseu Wei-
neu für eine Bewandtniß hat, werden wir erfahren, wenn wir sie selbst
gekostet haben werden. Ein bekannter elsasser Spruch sagt: