1880 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Hocker, Nikolaus, Köppen, Fedor von, Finger, Friedrich August, Albrecht, Längin, J., Buttgers, J., Mehlis, Christian, Klöden, Gustav Adolf von
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
130 Straßburg, die Königin des Oberrheins.
erste Grundlage, auf welcher sich dann allmählich der stolze Bau der freien
städtischen Selbstverwaltung erhoben hat.
In der folgeudeu Zeit strebte die Stadt unter Anlehnung an die
kaiserliche Macht uach Erweiterung ihrer Rechte und Freiheiten gegenüber
der bischöflichen Gewalt, und sowol die Salischen als insbesondere die
Hohenstanfischen Kaiser waren ihr darin förderlich. Die höchste Anerkennung
ihrer Selbständigkeit und Freiheit, die Stellung unter den unmittelbaren
Schutz von Kaiser und Reich, erlangte Straßburg unter König Philipp
von Schwaben. Derselbe erhob durch einen Erlaß aus der Pfalz zu Hage-
uau (1205) Straßburg zur freien Reichsstadt. Ein späterer Grund-
vertrag zwischen Bischof und Stadt (1249) zog noch schärfer die Grenze
der beiderseitigen Rechte.
Die freie Reichsstadt mußte aber für ihre Uuabhäugigkeit noch manche
Kämpfe bestehen. Nur widerwillig verzichteten die Bischöfe anf die Aus-
Übung ihrer alten Hoheitsrechte, und als die Zeit der Zwischenregierung
hereinbrach, in welcher die Stadt des schützenden Arms mächtiger Kaiser
entbehrte, da glaubte der Bischof den Augenblick gekommen, um seine Macht
wieder herzustellen und vielleicht auch hier am Oberrhein ein geistliches
Fürstenthum mit weltlicher Macht zu begründen, wie solche weiter abwärts
am Rhein und an der Mosel, in Mainz, Köln und Trier, bereits bestanden.
Da galt es für Straßburg, auf der Hut zu sein und seine Reichssreiheit
gegen die Anmaßungen des Bischofs zu vertheidigeu.
Herr Walter von Geroldseck war um diese Zeit (seit 1260) auf
den bischöflichen Stuhl gekommen, eiu hochmüthiger, prunkliebender Herr,
von dem die Bürger sich nichts Gutes zu versehen hatten. Kaum saß er
im Amte, so begann der Streit um Bischofsrecht und Stadtrecht. Jeder
der beideu Theile blieb hartnäckig bei seiner Auslegung. „Herr im Münster
und in seiner Pfalz ist der Bischof, in unserer Stadt sind wir allein Meister",
sagten die Straßburger, und als sie endlich des Worthaders müde waren,
da zogen sie am Psingstfest in hellen Hausen zum Thore hinaus und kühlteu
ihr Müthchen mit Zerstörung des vom Bischöfe kürzlich begonnenen Baues
der Haldenburg bei Mundolsheim.
Darüber wallte der stolze geistliche Herr im Zorn anf; er belegte die
Stadt mit dem Kirchenbann, so daß kein Gottesdienst gehalten, keine kirch-
liche Handlung vorgenommen, keine Glocke gerührt werden durfte, und verließ
mit allen Domherren, Pfaffen und Dienern die arge Stadt, um mit Truppen
zurückzukehren. Die offene Fehde war damit erklärt.
Bischof Walter lagerte mit seinen Reisigen auf den Höhen westlich
Straßburgs. Der größte Theil des Landadels leistete ihm Zuzug, auch der
Erzbischof von Trier kam ihm mit 1700 Mann zu Hülfe. Die Städte
des Elsaß aber, welche ohnehin (1255) mit Straßburg im Bunde waren,
sahen durch das Auftreten des Bischofs ihre eigene Freiheit bedroht und
schickten sich an, den Straßburgeru Hülfe zu leisten. In Mülhausen wurde
der bischöfliche Vogt zur Flucht geuöthigt. In Kolmar leitete das berühmte
Geschlecht der Rösselmann den Widerstand gegen die Bischöflichen; zwar