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1. Bilder aus den neuen Reichslanden und aus dem südwestlichen Deutschland - S. 164

1880 - Leipzig : Spamer
164 Straßburg, die Königin des Oberrheins. Anders sah es freilich damals schon in Straßburg ans. An der Spitze der Stadtverwaltung stand als königlicher Kommissar an Stelle des erkrankten Prätor Gerard (seit 6. Juli 1789) Herr Friedrich von Dietrich (geb. 1748), ein Mann von lauterster Gesinnung und wohl- wollendem Charakter. Er hatte seine Studien größtenteils in Paris ge- macht und war unter den verführerischen Jdeeu gereift, welche vor dem Ausbruche der Revolution dort mit Vorliebe gepflegt wurden. Völlig hingegeben an die großen Gedanken des neuen Zeitalters, wünschte er auch Straßburg der Segnungen der Revolution theilhaftig zu macheu. Das aber war die tragische Schuld dieses rechtschaffenen, edel- denkenden Mannes, daß er um der ueueu Aera willen mit der alten deutschen Vergangenheit seiner Vaterstadt brechen zu müssen glaubte. Ein solcher Manu war deu damaligen Leitern der französischen Regierung sehr willkommen. Die altehrwürdige reichsstädtische Verfassung Straßbnrgs war ihnen laugst ein Dorn im Auge. Schou vor dem Bastillesturm sah man auf deu Gassen Straßbnrgs unheimliche Gesellen, welche durch wilde Freiheitsreden und gelegentliche Weinspenden ans die Menge zu wirken, auch die ärmeren Volksklassen gegen die Patrizier im Rath und in den Ausschüssen "aufzuregen suchten. Die Nachricht von der Erstürmung der Bastille, der alten Zwingburg der frauzösischeu Könige, wurde von ihnen anfs Neue zur Erregung der Massen benutzt. Aufrührerische Volkshaufen zogen (21. Juli 1789) uach dem Rathhause, drangen in die Säle, plün- derten die Urkunden und rissen das alte Streitbanner der Stadt in Stücke, ohne daß die Stadtbehörden oder der französische Truppenkommandant gegen die Aufrührer einzuschreiten wagten. Kurze Zeit darauf (11. August) legteu sämmtliche Rathsherren und die dreihundert Schöffen ihre Stellen nieder. Das war das Eude einer mehr als vierhundertjährigen Verfassung. Von der frauzösischeu Nationalversammlung in Paris erhielt die ehe- mals freie Reichsstadt gleich den übrigen Städten Frankreichs ihre Kom- munalverfaffung zugeschnitten. Neben dem Maire bildeten fortan 17 Muni- zipalitätsräthe und 36 Notablen, die aus unmittelbaren Volkswahlen her- vorgingen, die neue Stadtbehörde. Zum ersteu Maire von Straßburg wurde Friedrich von Dietrich gewählt. Im Hotel de ville — so hieß nämlich jetzt die städtische Pfalz — empfing der neugewählte Maire (18. März 1799) aus den Händen des letzten Städtemeisters das Siegel der Stadt, und auf eiuer festlich geschmückten Tribüne, an der Place d'armes, d. h. dem Parade- platz, errichtet, leistete die Munizipalität vor der versammelten Menge den Bürgereid; aber trotz aller Theatereffekte, trotz Glockeuläuteu und Geschütz- salven stand doch das Schauspiel weit zurück hinter der einfachen Würde des alten Straßburger Schwörtags. Damit war der Bruch mit der deutschen Vergangenheit vollzogen, der Uebergang iu die französische Staatsordnung verwirklicht. Friedrich von Dietrich fühlte wol die tiefe Abneigung, die in der Seele des Volkes gegen die neuen frauzösischeu Einrichtungen vorherrschte; er sah, daß seine eifrigen Bestrebungen, Straßburg und das Elsaß in die neue i
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