1880 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Hocker, Nikolaus, Köppen, Fedor von, Finger, Friedrich August, Albrecht, Längin, J., Buttgers, J., Mehlis, Christian, Klöden, Gustav Adolf von
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Darmstadt und die Bergstraße. 277
Mannheim, Speyer mit seinem Kaiserdome, und, bei ganz klarer Luft,
auch der Münster von Straßburg.
Ein schönes Stück deutschen Landes! Und denken wir nun noch daran,
was sich Alles in dem Lande zu unseren Füßen seit zweitausend Jahren ereignet
hat. Die Römer sind gekommen, haben Städte erbaut und Straßen; die
Deutschen haben sie nach langen Kämpfen vertrieben; die Burgunderkönige
hielten glänzenden Hof in Worms; einmal zogen, gleich einem schnell da-
hinbrausenden Sturmwinde, die Hunnen von Osten her verwüstend hindurch;
Karl der Große hat vou Höhen bei Ingelheim aus wol manchmal unsere
Berge erblickt; seineu Gegner Thassilo hielt er, wie man glaubt, in Lorsch
gefangen. In Lorsch ist Ludwig der Deutsche begraben worden. In Tri-
bur, dort gegen Mainz hin, wurde Karl der Dicke abgesetzt und Arnulf
gewählt. Dort links vom Donnersberge, bei Göllheim, fiel König Adolf
von Nassau gegen Albrecht von Oesterreich; in Mainz druckte Gutenberg,
dann Fnst und Schösfer; des Letzteren Denkmal steht in seiner Geburts-
stadt Gernsheim. In der Reformationszeit sehen wir Luther in Worms,
hören in Speyer die evangelischen Stände Protestiren. Im Dreißigjährigen
Kriege überschreitet Gustav Adolf bei Oppenheim den Rhein und schlägt die
Spanier. Gegen Ende des siebzehnten Jahrhunderts sehen wir Speyer
und Worms und so viele andere Orte von den Franzosen in Brand gesteckt.
Freudenfeuer leuchten in den ersten Jahren nach den Befreiungskriegen an
den Bergen auf. Im Jahre 1848 sind es hessische Truppen, die dort,
zwischen Heppenheim und Ladenburg, zuerst der von Süden her anstürmen-
den Revolution einen Damm entgegenstellen. Vor dem drohenden Eindringen
der Franzosen im Jahre 1870 sind wir bewahrt geblieben. Und nun ist
Friede; friedlich liegt das Land vor uns mit seinen Hunderten mensch-
licher Wohusitze, mit seinen Hnnderttansenden von Menschen. Möge Friede
bleiben im Lande! Es tönt wol der Schall einer Glocke aus einem der
Städtchen da unten zu uns herauf; da denken wir an das Wort des Dichters,
und er wird uns nicht zürnen, wenn wir, es erweiternd, wünschen: „Friede
sei ihr erstes — und ihr einziges Geläute!"
Den Rückweg nehmen wir, immer durch Wald, über das Auerbach er
Schloß (350 m). Es war nicht Ritterburg, sondern Landesseste. Seine
Trümmer erinnern uns an die Einfälle der Franzosen. Turenne, der Sohn
einer deutschen Fürstentochter, hat es im Jahre 1674 erobert und zerstört.
Seitdem war es nicht mehr bewohnt und verfiel. Der eine der beiden
Thürme stürzte im Jahre 1820 ein. Er ist wieder aufgebaut, auch alles
Andere ist iu guten Stand gesetzt und zugänglich gemacht. Das Schloß
wird viel besucht; es sind auch wol schon in dem geränmigen Hofe Festlich-
leiten abgehalten worden.
Wir kommen hinunter nach Auerbach. Dieser Ort eignet sich in
jeder Beziehung, ebenso wie Jugenheim, zu einer Sommerfrische. Durch
zwei Thälchen und die ihnen zur Seite liegenden mäßigen Höhen ist eine
reiche Gliederung hervorgebracht, welche die mannichsachsten Erholungsgänge
mit den verschiedensten Ausblicken ermöglicht. Das kleinere sührt nach dem