1880 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Hocker, Nikolaus, Köppen, Fedor von, Finger, Friedrich August, Albrecht, Längin, J., Buttgers, J., Mehlis, Christian, Klöden, Gustav Adolf von
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Der „Brennende Berg" bei Dnttweiler. 409
ihre Arbeiter, neben den bedeutendsten Unternehmungen im Deutschen Reiche.
Und wenn du, lieber Leser, nach St. Ingbert kommst, so werden dir die Hoch-
ofen, das Puddelwerk, Walzwerke, Walzstraßen, Drahtwerk, Dampfhämmer,
Dampfmaschinen und Wasserkräfte in ihrem rastlosen Betriebe einen gehö-
rigen Respekt einflößen, der sich nur vermehren wird, wenn dich die Ge-
schichte dieser umfassenden Werke das Wort lehrt: Klein anfangen, treu
anhangen, muß zum Ziel gelangen. Wenn du aber von deinem Besuch in
diesem industriellen Winkel der Pfalz noch etwas Anderes als den Ruß im
Gesicht mitnehmen willst zum Andenken, dann rathe ich dir, nach Ensheim zu
gehen in die dortige Dosenfabrik der Herren Adt. Da bekommst du die zier-
lichsteu Sachen, Cigarrentaschen oder Nadelbüchsen, Tabaksdosen oder Ar-
beitstaschen, was du der Art willst, mit feinem Perlmutter eingelegt, und
dein Name wird dir daraufgesetzt, und du kannst zum „Mitbringen" nach
Hause nicht leicht Geeigneteres finden.
Auch noch eine seltene, hier ganz uuvermuthete Naturerscheinung müssen
wir hier bei St. Ingbert besuchen, den Brennenden Berg bei Dnttweiler.
Es ist ein unterirdisch in Brand gerathener Steinkohlenslötz, bei dessen
unter gehemmtem Zutritt der Luft erfolgter Zersetzung bedeutende Wärme
und verschiedene Produkte, Salmiak, Alaun, Schwefel und Wasserdämpfe,
erzeugt werden. In einer künstlichen, früher behufs Gewinnung des alann-
haltigen Gesteins gegrabenen Vertiefung, die das Ausehen eines eingesun-
kenen Kraters hat, brechen sich an einer hohlen, zerklüfteten Wand von
rothgebranntem Schiefer zahlreiche Dampfsäulchen zischend Bahn. Das
Ganze sieht aus, als hätte man einen Vetter des Vesuv oder Aetna vor
sich, der nur noch nicht ausgewachsen ist. Wenn du nun dir den Spaß
machen willst, ein Ei hart zu sieden, so lege es nur dorthin, wo solches
Dampfsäulchen herauskommt, und zähle, wie es die Köchin dich gelehrt;
dann nimm es zur rechten Zeit weg und habe beim Essen das erhebende
Gefühl, eiu Berg mußte brennen, um dir ein Ei zu sieden!
Wenden wir uns nun aus der Gegenwart und ihrem Getriebe noch
einen Augenblick in die Vergangenheit zurück, dann werden uns einige
Namen des Westrich in hohem Glänze erscheinen. Da ist zuerst Hornbach,
jetzt ein kleines unbedeutendes Städtchen im freundlichen Hornbachthale
gelegen, war einst die Stätte eines berühmten Klosters. Der schwäbische
Herzog Theobald hatte 727 den heiligen Pirminius aus dem Kloster
Reichenau bei Konstanz vertrieben; dieser kam nun in den Bliesgau und
gründete dort in abgelegenem Waldgrnnde mitten unter rauhen Jägern
und Fischern die Stätte des Gebets. Nach der Erde Mühsalen ruhte auch
sein Leib an der durch ihn geweihten Stätte. Das Kloster wuchs an
Gütern und gutem Rufe und war für die Gegend ein reicher Segen. Die
Reformation hob das Kloster auf, in dessen Räumen eine „Landschule
und Gymnasium illustre" eröffnet wurde. Aus dieser Landschule,
die später nach Zweibrücken, bei der Flucht des Hofes nach Meißenheim,
dann wieder nach Zweibrücken verlegt wurde, ist das Zweibrücker Gym-
uasium entstanden.