1881 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Steinbach, Josef, Köppen, Fedor von, Finger, Friedrich August, Klöden, Gustav Adolf von, Mehlis, Christian, Hocker, Nikolaus
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Der Dom und seine Geschichte. 7
in das Versmaß zu bringen die Muse verweigert. Gütiger König, den
die Jungfrau geführt, gieb, daß ihr Geist, obgleich sie hier zu Asche modert.
das Vaterland erbe, welches keine Trauer kennt."
In der Memvrie erblicken wir zur Rechten den erhöhten steinernen Bischofs-
sitz, an den sich zwei Sitzreihen für die Domherren anschließen. Ueber der kleinen
Thür hat der heil. Martinns ein Denkmal in lombardischem Stile. Der viereckige
Kreuzgang führt zu dem geräumigenklostergarten. Angefüllt ist er mit Denkmälern,
die zum Theil bei den jüngsten Ausräumungen im Ostchore aufgedeckt wurden.
Unterihnen erfcheinthervorra-
gend das Marmordenkmalheinrich
Franenlob's (f 1318) von dem
Künstlermünchens. Schwanthaler:
eine anmnthige Jungfrau, die deu
Kranz auf den Sarg des Minne-
fängers legt. Eine Bildhauerarbeit
vom Jahre 1332 mit ansdrncks-
vollen Köpfen stellt die Versöh-
nnng der Bürgerschaft mit der
entzweiten Mainzer Geistlichkeit
vor. Neuere deuten das beachtens-
werthe Werk als die Darstellung
des Guten und Bösen. Im nörd-
lichen Kreuzarm, wo die Sakristei,
ist in Schränken der Rest des
ehemaligen Domschatzes nnterge-
bracht. Die Französische Revo-
lntion hat ihn seiner schönsten
Zierden beraubt. Zwei beschlagene
Evangelienbücher, zwei goldene,
der Periode des Willigis znge-
fchriebene Kelche mit einer reich
ornamentirtenpatene und mehrere
jüngst imostchor mit ausgegrabene
Bischofsringe bilden die Zierstücke
der noch vorhandenen Ueberreste.
An der Nordseite am Haupt-
eingang stammen die äußeren,
ehernen Thürflügel von der Hand Frauenlob's Grabmal im Dom zu Mainz,
des Meisters Beringer, und in sie ist der Freiheitsbrief, den Kaiser Heinrich Y.
den Mainzer Bürgern ausstellen mußte, in römischer Majuskelschrift eingegraben.
Wir verlassen den Schatz- und Schmuckkasten des ehemaligen Erzbisthums mit
gemischten Empfindungen, denkend an die wiedererstandene Herrlichkeit des Doms
und an die Brandthaten, die Himmel und Menschen an ihm verübt haben. Von An-
dächtigen wird der Dom nicht leer, und während die Mainzerinnen bekannt sind
als Freundinnen von Scherz und Schalk, vergessen sie auch nicht das Gesangbuch
mit Grazie und niedergeschlagenem Blicke zur Kirche zu tragen. Es spukt noch
in der Frauenwelt hier in Körper und Geist das Andenken an die stolze Roma! —