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1. Bilder aus den Landschaften des Mittelrheins - S. 18

1881 - Leipzig : Spamer
18 Das goldene Mainz. Doch weder er noch die anderen Nachkommen des Merovaens dachten daran, nach Römerart dem Rhein das Joch aufzulegen, und erst der große Karolinger nahm diesen Plan kräftig in die Hand. Auf dem Maitiug zu Ingelheim ward 791 beschlossen, bei Mainz eine feste hölzerne Brücke zu bauen; 803 ward das Riesenwerk für die damalige Zeit in Angriff genommen. Der Reichschronist Einhard beschreibt die umfassenden Vorbereitungen dazu. Mau benützte die stehen gebliebenen Pfeiler der alten Römerbrücke, zwischen denen man neue aus- führte. Große Baukästen mit eichenen Eckpfosten wurden in den Strom versenkt und ausgemauert. 813, nach zehnjähriger, mühevoller Arbeit stand der Riesen- bau vollendet. Allein schon drei Jahre später vernichtete ihn eine Feuersbrunst; ein Chronist beschuldigt Mainzer Schiffer der Brandstiftung. Unermeßlich war der Schaden, der dadurch dem vom Ostland abgeschnittenen Mainz erwuchs; der Handelsverkehr des Mainlandes zog sich nach dem nahen Frankfurt. Und heute noch ist der Verlust fühlbar. Es verbindet zwar Schiffbrücke und Dampfer die beiden Rheinufer; allein in Wintern, wie im letzten von 1879, wo der Rhein halb erstarrt und der Eisgang von statten ging, ist dem Verkehr die Ader unter- bunden. Güter und Menschen mußten im Januar 1880 nach dem Abfahren der Pontonbrücke von Mainz nach Wiesbaden den Umweg über Frankfurt uehmeu. Manchmal sogar baut der gewaltige Strom selbst sich die eisgefügte Brücke von Ufer zu Ufer. So geschah es zuletzt in den Jahren 1829 und 1879. Dann entwickelt sich aus dem Strome, den meterdickes Eis deckt, ein wunderbares Leben. Mehrere Bahnen für Fußgänger und Wagen führen über das hier und da hochgethürmte Eis; bequeme Personen werden auf Handschlitten von den feiernden Schiffern ge- fahren. Die schwersten Lasten von Eisen, Fässern, Holz wagen den Uebergang. An der Petersaue oder drüben bei Kastel kommt die schlittschuhlaufende Jugend zu frohem Sport zusammen. Du kannst die Grazie der jeunesse cloree be- wundern, die Anmuth, mit der die jugendlichen Mainzerinnen über die glänzende Flüche sich gleiten lassen. Auf langen Schleifen amüfiren sich die, deren Ver- Hältnisse es nicht erlauben den Eisschnh anzuschnallen. Alles ist voll Leben und Lust! Und Abends schimmert die Fläche von der Lichterpracht bunter Ballons; Raketen und farbige Leuchtkugeln steigen zum sternenglänzenden Himmel empor, und die Klänge der Regimentsmusik bilden die Begleitung zur munteren Unterhaltung. Letztes Jahr ward sogar an den Weihnachtsfeiertagen ein Christ- bäum mitten auf dem Eise geputzt, und seine Lichter flammten hell durch die Nacht; ein Eishaus ward gebaut, ein Küfer verfertigte ein Stückfaß; ein Schmied beschlug Pserde; ambulante Buden^ boten Bier, Wein, Cigarren feil; Dutzende von Mainzer Gamins boten den Fremdlingen das landläufige Gebäck der „Bubenschenkel" an; ganz Mainz und die Umgebung wallfahrtete auf das Eis, und der Strom schien monatelang uuter fester Decke grollen zu müssen. Allein die Jahreswende brachte plötzlich mildes Thanwetter; einige Tage widerstand die gewaltige Decke mainanf und rheinab bis zur Lurley den Lockungen des Zephyrs. Allein allgemach drängte das Maineis heraus, von Oppenheim kamen die Schollen herab. Oberhalb Mainz, zwischen dem Hochufer von Höchst und der Niederung von Bischofsheim und Rüffelheim, ward das Wasser zurückgeftaut. Eiues Januarmorgens brach die anschwellende Flut das krachende Eis; der Main stieg plötzlich um mehr als 6 m, und die Schollen trieben berstend
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