1881 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Steinbach, Josef, Köppen, Fedor von, Finger, Friedrich August, Klöden, Gustav Adolf von, Mehlis, Christian, Hocker, Nikolaus
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
6 0 Der Taunus.
Das Kastell selbst, von dem die von Herrn Archivar Habel und Oberst
von Cohausen aufgedeckten Grundmauern sich erheben, bildet ein längliches
Viereck und ist umgeben von zwei tiefen Gräben. Das Ganze bedeckt über
32,000 qm oder 12 römische Jugera. Der Umfang mißt 24,000 römische Fuß.
Schreiten wir jetzt im Innern von Südeu aus, wo den rüstigen Wanderer
des Sommers Hitze niedergedrückt hat, dem Kattenlande zu, nach Norden, so
treffen wir, von der Südpforte, der Porta decumana, kommend, zur Linken und
zur Rechten zwei Komplexe von Gebäuden. Das kleinere zur Linken mag das
Quaestoriuin, die Intendantur, enthalten haben, das zur Rechten wird nach
K. Rossels Ansicht Magazine und Zeughaus repräseutirt haben.
Weiter nach Norden treten wir in die Umfassungsmauern des das Ceutrum
des Kastelles bildenden Prätoriums ein. Fünf Eingänge führten in das umfang-
reiche Gebäude. Zwei Cisternen befinden sich in des Hofes Mitte. Jahrhunderte
mögen des Ganzen Bild wesentlich nmgeschafsen haben; will doch Habel eine
dreimalige Zerstörung der Salburg aus den Lagen des Brandschuttes erkeuuen.
Jetzt stehen mir noch Mauertrümmer und Säulenreste, wo eiusteus Drusus und
Tiberius, Germanicus und Pomponins (Tacit. Ann. Xii. 28) den Heeren
geboten und die Pläne gegen der Katten Stämme schmiedeten, die Armins
Heldenarm für immer zerbrach.
Die Räume vor und neben dem Prätorium besetzten einst ständig die
tapferen und baulustigen Kohorten der Rhätier und Viudelicier. Ihnen mag
die Erbauung eiues Theiles des gewaltigen Grenzwalles zuzuschreiben sein, der
einst vom Niederrhein an bei Bonn sich ziehend über den Taunus und den
Spessart bis an die Donau bei Kelheim des Römerreiches Markeu von der
Germanen Gaueu trennte.
Jetzt deckt wilder Ginster und Eichengestrüpp die Stellen, wo des Südens
Söhne wachten gegen die grimmen Söhne des Waldgebirges, wo der Rhätier
lehnend an der Porta dachte der fernen Heimat und der schimmernden Schnee-
gesilde an den Fluten der Jsara und der Ambra. Und den Vindelicier, ihn
verlangte nach der herrlichen Augusta (Augsburg) reichem Forum, nach den
schönen Kindern auf der via principalis, nach den fröhlichen Schenken mit dem
leckeren Faleruer und den Schleckereien aus welschem Lande! Hier giebt's zum
täglichen Postendienste nur Kommisbrot, sauren Laudweiu und, wenn^s hoch
kommt, ein schmales Gütchen drunten an der via montana (Bergstraße) in
Lupochumm (Ladenburg) oder am Grenzwall. Und dort noch manchen gesahr-
vollen Strauß mit den wilden, blondgelockten Alemannen! — Ade, du Legionär,
luge scharf in die Ferne des deutschen Nordens, kühn und streitbar sind die
Kinder vom Heffenlande! —
Verlassen wir das Lager und wandern nach Süden auf der Römerstraße,
Homburg zu, so treffen wir zur Linken und Rechten Spuren bürgerlicher An-
siedelnng. Hier standen einst die Thermen, die warmen Bäder, dort Wohnungen
für Scheukwirthe und Handwerker, für Krämer und Händler. Und dort zu
beiden Seiten der Heerstraße, bedeckt von Immergrün und Lebensbaum, da
liegen in kleinem Räume die Ascheureste der Söhne des Südens. Noch kann
man den Verbrennnngsplatz (bustum) unterscheiden, und die wenigen Urnen
und Lampen, Messer und Münzen zeugen wehmüthig von der Herrschaft des
welterobernden Römervolkes! —