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1. Bilder aus den Landschaften des Mittelrheins - S. 80

1881 - Leipzig : Spamer
80 Der Rheingau. Gensfleisch's, genannt Gudenberg", wohnten am Orte, wo die Wunder wirkende Hostie seit 1402 eine stets wachsende Zahl von „Bußwanderern" und Prozessionen nach dem „Heilthum" hinzog, eine Werkstätte für „die schwarze Kunst". Be- deutende Werke gingen aus dieser rheinganer Druckerei hervor. Nachkommen verkauften sie an Friedrich Haumann von Norembergk, den „Buchdrucker im Kirschgarteu zu Mainz". Gutenberg selbst soll hier sein müdes Haupt eine Zeit lang haben ausruhen lassen. Im Bauernkriege wurden in der Burg neun der Rädelsführer enthauptet; in Trümmer sank der Gedanke des Bauernstaates, dem die Rheingauer auf dem „Wachholder" bei Eberbach in 29 Artikeln kühnen Ausdruck gegeben hatten. Eine neue Landesordnung gab Kurfürst Albrecht 1527 dem Rheingau; die alten Freiheiten fielen, das Wort von der „freien Luft" war zunichte geworden. Aber die Zeit ließ auch die Herren der Burg und die Zinnen ihrer Mauern fallen, und Eltville kann sich mit der goldenen Flut seiner Weine trösten, daß es Hauptstadt des Rheingaues einst war. — Den Namen Eltvilles wollten die rheinischen Antiquare vordem mit Gewalt von alta villa = „Hochstadt" ableiten. Drusus soll hiereines der fünfzig rheinischen Kastelle gegründet haben, von denen Florns spricht. Gegen den römischen Ursprung zeugt aber, daß weder eine Inschrift noch sonst ein Denkmal aus der Zeit der Römerherrschaft sich bis dato in alte, villa hat finden wollen, wie überhaupt im eigentlichen Rheingan, abgesehen von Wies- baden und seiner Umgebung, auffallender Weise keine Inschriften oder sonstige Anzeichen der Römer sich sehen lassen. Der Name von Eltville ist nach Bod- mann's Ansicht entweder eine falsche Latinisirung des Frühmittelalters für „Alt- Weiler", oder er hängt mit der Lokalbezeichnung „Altwick" — „Hochdorf" oder „Altdorf" zusammen. Vor der Hand ist der Römerort „alta villa" oder „altus vicus" jedoch erst ein Postulat der römischen Epigonen, und das freundliche Städtchen mit seinen weltberühmten Weinhandlungshäusern, seinen deutschen Champagnerfabriken, seinen stolzen Villen der Neuzeit, als Villa Osterrieth, Villa Simmern, Villa Eltz, Villa Marix u. A., fernen prächtigen Gartenan- lagen mag ohne römisches Recht sich sonnen und gedeihen als moderner Mittel- puukt des Handels mit viriiim bonum. Dies doch für den Rhein das beste Erbtheil aus Römerzeit! — Prosit zum goldenen Nektar! — Von Eltvilles gesegneter Flur sührt uns die bequeme Straße vorüber an dem prächtigen Mansardenban des Landsitzes Sieambria, ein blumiges Wiesen- thälchen entlang hinauf nach Kiedrich. Links bleibt die Erbacher Gemarkung, die den vieledlen „Markobrnnner" erzeugt, und vom Strom her blickt das spitze Köpfchen des neugothischeu, alleinstehende!: Kirchleins von Erbach. Nach einem Stündchen erblicken wir am grünen Abhange das gedehnte Dorf mit seinen beiden Kirchtürmen, zur Rechten steigt ans steilem Fels der einsame Thurm des Scharfen- steins empor. Im Dorfe selbst empfangen uns altertümliche Häuser mit hohen Giebeln und rothem Balkenwerk, mit Erkern und Schnitzornament. Zur Rechten umsaugeu von weißer Mauer aus erhöhtem Platze die beiden Kirchen, das Ziel besuchter Prozessionen im Hochsommer, die den Reliquien des heiligen Valentin gelten. Das im Bilderschmuck erglänzende Portal führt uns in die dämmerigen Räume der größeren, schon seit 1275 erwähnten Pfarrkirche. Nur eiu altes Mütterchen betet hier am Sountagsmorgen. Verwaist ist der herrliche Johannes- altar mit seinen korinthischen Marmorkapitälen, verwaist die vielen Pergament-
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