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1. Bilder aus den Landschaften des Mittelrheins - S. 86

1881 - Leipzig : Spamer
86 Der Rheingau. Mein Sohn, wo du den Ton vernimmst, Da kann dein Herz nicht lachen, Da rath' ich, daß dn weiter schwimmst In dem bekränzten Nachen. Doch wo das Baßgeläut' erscholl, Da kehre nicht, mein Sohn, um, Da labe dich, der Andacht voll Und singe: Vinum bonum! Vinum bonum! Vinurn bonum! Ja, vortrefflichen Klang hat die alte Glocke, die schon seit vier Jahrhunderten Äes Rheingaues Freud' und Leid verkündete, eiu solides Erbstück verblichener Klosterherrlichkeit. „Ade ihr Klänge und Räume, Ihr Hallen und ihr Träume! Ihr alten Klostermauern Mit euren Kellerschauern! Dn Glocke mögest erklingen Mit dem metallnen Mund, Auf daß die Rebe gesund', Und froh die Winzer singen!" Es war ein frommer Wunsch für den 8 0er, dem im Winter schon die „Augen" ausgegangen waren! — Hinab die treffliche Straße, im Augesicht das helle Ufer bis zum blitzenden Johannisberg, am mauerumfriedeten „Steinberg" zur Rechten mit der alten Klostermeierei, dem „Neuhof", vorüber, und bald sind wir im freundlichen Hattenheim angelangt. Beim Gastwirth Resz mögen wir uns von deu Reise- strapazen bei einem Glase trefflichen Markobrunuers, der zivischeu Hattenheim und Erbach gedeiht, erholen, dann weiter den Rheingau entlang! Vor dem reinlichen Orte mit manchem Wappen, das an Kurmainz erinnert, steht ein Schlößchen, tief im Parke versteckt; es nennt sich dieser Rest eines Dörfchens Reichardshausen und befand sich einst in seinen Räumen, die jetzt dem begüterten Grafen Schönborn gehören, eine Niederlage des Eberbacher Kloster- Weines. Am Gestade hier wurden die Marktschiffe befrachtet, die den Segen des Rheingaues nach dem „hilligen" Köln spedirten. Eine kurze Wanderung längs dem Rheine bringt uns nach dem lang- gedehnten Oestrich-Winkel. Oestrich bildet mit Mittelheim und dem anstoßenden Winkel fast eine ununterbrochene Häuserstraße, in deren Mitte die Basilika der Aegidienkirche sich erhebt. Deu Ort, der bis zum Ende des 12. Jahrhunderts eine Gemeinde bildete, will man mit Gewalt mit den Römern in Verbindung bringen, und Winkel soll vini ceüa bedeuten. Sicher ist, daß der Ort hoch hinauf in die Karoliugerzeit reicht. Hier, nahe Oestrich, lag im Rhein auf der „Lützelaue" die Hauptmalstätte des Rheingaues, auch wol Grafenau genannt, weil hier der Gaugraf zu Gericht saß; dem neu erwählten Mainzer Erzbischof ward hier von den Landständen feierlich gehuldigt. „Prälat und Ritterschaft und Bauer Umstand den Herrn als eine eh'rne Mauer." Hier tagte die „Landschaft" noch im 17. Jahrhundert, und dem Orte Hostrich, wie er im 11. Jahrhundert hieß, schien eine glänzende Zukunft zu blühen.
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