1881 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Steinbach, Josef, Köppen, Fedor von, Finger, Friedrich August, Klöden, Gustav Adolf von, Mehlis, Christian, Hocker, Nikolaus
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
228 Erloschene Feuerberge der Eifel.
den Höhlungen in ihnen >vard der Tuffstein bereits herausgegraben, an anderen
sehen wir, wie die Arbeiter den massigen, gelblichgrauen Stein in Brocken los-
brechen. Auf Mühlen, welche im Thale verstreut liegen, wird der Tuffstein
sein zermahlen, um dann in Beuteln das Thal hinab nach Brohl gefahren und
dort nach dem Niederrhein verladen zu werden. Die Holländer verwenden ihn
bei ihren Wasserbauten zur Herstellung des hydraulischen Mörtels, der ihnen
die Ziegelsteine bindet, aus denen sie ihre Städte und Dämme, ihre Kirchen und
Festungen thürmen. Neuerdings darf, aus Vorsorge gegen Verfälschung, der
Tuffstein nur im Orginalznstande nach den Niederlanden versandt werden; ans
eigenen Mühlen werden die Brocken dann dort unter Staatskontrolle zum
bindenden Staub vermählen. Ans dem Tuffstein wurden in früheren Jahr-
Hunderten am Mittelrhein ganze Gebäude aufgeführt; fo besteht die Apollinaris-
tirche zu Remagen aus diesem Gesteiu. Schon die Alles benutzenden Römer
kannten und bauten in: Brohlthale die Tuffsteinbrüche. Ueber 20 römische
Inschriften find bekannt, welche man im Brohlthale, zu Burgbrohl, Tönnisstein,
in der Schweppenburg, zu Brohl selbst auf Altären und Säulen, auf Grab-
steinen und an den Felswänden anfgefnnden hat. Meist find sie dem Schutz-
Patron der Steinmetzen und der Steinbrucharbeiter, dem Hercules Saxanns,
geweiht. Einige Gelehrte dachten bei dem Namen Saxanns an den Germanen-
gott Saxnöt, andere bringen den Beinamen mit mehr Recht mit saxum, der
Fels, in Verbindung. Simrock erinnert an den hammerschwingenden Donner-
gott Donar oder Thor, der dem Hercules in der deutschen Mythologie gleich-
gesetzt wird. Wie er, tragen die Bergleute noch heute den Hammer als Symbol;
das zweite Zeichen, das Eisen, deutet dann aus das Gestein oder das Schwert
des Gottes. Ein auf der Schweppenburg von Epheu umrankter Stein trägt
nach Freudenberg folgende Umschrift:
Hercvli Saxan
0•Sacrvm•Yex
Sillatio • Leg • Xxii
Pr • Qyi • Synt • Syb
Cyra • K • Aprili • 7
M.
Unter solchen Erinnerungen an der Römer Handwerk gelangen wir an ein
Brückchen, das uns aus der dicken Stanbatmosphäre, in der wir wandelten, längs
dem Mühlbache und seinem plätschernden Wasser nach Brohl führt, dem Hauptlade-
platze für Tuffsteine. An einer dampfenden und pustenden Papiermühle vorbei
und einem Laden, der die lakonische Inschrift zeigt:
„Bingener Brod verkaufen",
gelangen wir bald anf die linksrheinische Hauptstraße und bekommen den Vater
Rhein,, drüben Rheinbrohl mit seiner hochragenden Kirche und droben den
Grauwackenbrocken, auf dem Hammerstein ruht, in wohlthnende Sicht. Bei
Peter Bröhl, dessen Name wie der zweite Nonn (von Nonns oder Nonnius
abzuleiten) hier im Orre gäng und gäbe ist, haben wir Gelegenheit den dick
aufgelegten Traßstanb mit „Niedermendiger" hinabzuspülen und bis in die
dämmernde Nacht hinein mit dem alten gesprächigen Herrn sich zu unterhalten von
Brohls Industrie und Ausschwuug, bis die leise anschlagenden Wellen des Stromes
uns das Schlummerlied singen zum Schlaf nach weiter Wanderung. Yalete! —