1882 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Keussen, Hermann, Kaiser, W., Keller, J., Heinzerling, Jakob, Preiser, F., Köppen, Fedor von, Nover, Jakob, Klöden, Gustav Adolf von
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
134 Die Entwicklung der Krefelder Seiden- und Sammtindnstrie.
Begründer der ersten Nähseide-, Posamentier- und Seidenbandfabrik anzusehen
haben. Das Krefelder Bürgerrecht erwarb er sich 1679. Diesen Zeitpunkt
dürfen wir wol für den Ausgangspunkt der Entwickluug der Krefelder Seiden-
industrie annehmen, wenn auch das Geschäftsbuch, zehn Jahre früher auf der
Frankfurter Messe angelegt, dem zu widersprechen scheint, wenn es für die Jahre
1669 und 1671 den Verkauf von Floret-, Taffet- und Sammtband und den
Ankauf von Rohseide in den Jahren 1675 und 1678 meldet. Letztere wird
in dem Posamentiergeschäft, das die von der Leyen bereits in Radevormwalde
betrieben, Verwendung gefunden haben; die Bänder wurden damals noch als
Kommissionsartikel geführt. Zur Ausübung der Seidenfabrikation, deren Kennt-
niß die Familie von Flandern mit herübergebracht, fand sich in Radevormwalde
keine Gelegenheit, während in Krefeld die Glaubensgenossen aus dem Jülichschen
den Boden vorbereitet hatten. „Gott verlene (verleihe) seinen Segen zu einem
yenckigen (glücklichen) Anfang end einem Gottsallechen Außgang!" so setzte der
fromme Mennonit als Motto vorn in das Geschäftsbuch, und dieser Wunsch ist
nicht ohne Erhörung geblieben.
Seit dem Jahre 1679, wo auch Adolfs Sohn Wilhelm, welcher zur
Abwicklung der Geschäfte noch im bergischen Lande zurückgeblieben war, nach
Krefeld übersiedelte, wurde die Fabrikation von seidenen Bändern, von Silber-
und Goldborten eifrig betrieben. Wilhelm trat zwar nicht in das väterliche
Geschäft, eben so wenig sein Bruder Friedrich, sondern Beide begründeten neben
demselben eigene; Wilhelm gab dem seinigen eine mannichsache Ausdehnung, denn
er handelte nicht allein mit seidenem Lind, seidenen Knöpfen und seidenen, mit
Gold durchwirkten Borten, sondern führte alle jene Artikel, welche mit der Be-
kleidnng irgend eine Beziehung hatten; ja er verschmähte es selbst nicht, Schreib-
und Banernalmanache, Abc-Bücher und Katechismen, Tabaks- und Tuntel-
dosen zum Verkaufe anzubieten. Wilhelm, ein unternehmender, weitblickender
junger Mann, der mit kaufmännischen Kenntnissen reichlich ausgestattet war,
zog mit seinen Waaren Hausirend über Land von Ort zu Ort. während der
Vater das Engrosgeschäst betrieb, die Frankfurter Messe fleißig besuchte und
neben dem Verkaufe von Seiden- und Sammtband sogenanntes holländisches
Leinen in Kommission nahm und hier abzusetzen suchte. — Leipzig wurde
im 17. Jahrhundert wegen der mangelhaften und schwierigen Verbindung
nicht besucht: Elberselder Kaufleute übernahmen dort für die Krefelder Fabri-
kanten den Verkauf der vou diesen angefertigten Artikel. — Die Sage erzählt,
und sie ist wol nicht unbegründet, daß noch im Anfange dieses Jahrhunderts
die Familie von der Leyen die Kiepe (Rückenkorb) als heilige Reliquie auf-
bewahrt habe, in welcher Wilhelm seine Waaren selbst herumgetragen habe.
Als der Vater alterte, löste ihn der jüngere Sohn Friedrich in dem Besuche
der Messen ab, dabei die Einkäufe der Rohseide bei Züricher Seidehändlern
besorgend, während die Näh- und Stickseide aus dem Holländischen, vornehm-
lich aus Amsterdam, bezogen wurde. Verarbeitet wurde italienische Seide
aus Mailand und Bergamo, später auch aus Turin. Wilhelm scheint
dagegen die kleineren Geschäftsreisen in der Umgegend besorgt und dem innern
Geschäftsbetrieb und der Fabrikation vorgestanden zu haben. Noch zu Lebzeiten
Adolfs (er starb am 25. September 1698 kurz nach dem Hingange seiner
zweiten Gemahlin) hatte das Seidengeschäft einen bedeutenden Aufschwung