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1. Bilder aus dem westlichen Mitteldeutschland - S. 16

1883 - Leipzig : Spamer
16 Das Hessenland. Ein alter Volksreim nennt noch sechs Dörfer zwischen Gudensberg und Kassel; er lautet: „Dissen, Deute, Haldorf, Ritte, Bnne, Besse, Das sind der Hessen Dörfer alle sesse." Im Dorfe Maden soll das alte Volksgericht seinen Sitz gehabt haben; „maden" soll soviel bedeuten wie „tagen", und der Ort Maden, sowie der Maderstein und die Maderheide sollen daher ihren Namen haben. Wie in so manchem andern Götterberge, sollten deutsche Helden und Fürsten im Odenberge, harrend auf den Tag ihrer Erlösung, schlafen. Einst nahte ihm auch Kaiser Karl mit einem großen Heere und litt großen Mangel an Wasser. Aus sein Flehen scharrte sein Roß mit dem Hufe, und siehe da! es floß reichlich Wasser aus einem Borne, den man noch heutzutage wegen seiner glänzenden Flut den „Gliß- dorn" nennt. Aber auch die Spuren der Blutbäche, die da in heißer Schlacht vom Odenberge rannen, sieht man noch immer, besonders wenn der Regen die alten Rinnen wieder aufwäscht. An die Walstätte sollen auch noch manche Namen in der Umgegend gemahnen, wie Karleskirchen und Karlesweide. Als nun der große Karl und sein Heer sich den Durst gelöscht, so erzählt man sich, da that sich der Odeuberg auf, und hinein zog der Fürst mit seinen Mannen. Nach anderer Version war es aber der mächtige Kaiser Karl der Quinte, d. h. der Y., und dieser soll alle sieben Jahre seinen Umzug halten. Manche meinen, der Quinte käme von einem alten Zeitwort quinen für „schwinden" und bedeute also nur der „Entschwundene". Mit dem Rufe: „Der Quinte kommt!" beschwichtigen heute noch ungeduldige Mütter ihre schreienden Kinder. Auch in dem benachbarten „Scharfenstein" soll verzaubertes Kriegsvolk sein Wesen treiben. Oft hört man da drinnen dnmpfen Trommelschlag und unter- irdisches Getöse; zuweilen erscheint der Heerfürst, und etliche wollen ihn gesehen haben. Mitunter war es auch einem Beglückten vergönnt, den Eingang zu finden und den verzauberten Kaiser, ähnlich wie den Rotbart im Kyffhäuser, zu schauen. Ein Schmied fand so den Weg und sah dort hünenhafte Recken mit eisernen Kugeln Kegel spielen. Er bat sich eine solche'aus, nahm sie mit heim und siehe da! sie verwandelte sich in lauteres Gold; doch den Eingang des Berges fand er niemals wieder. Ein Hirte aber, der ein verlorenes Schwein suchte, pflückte die Wunderblume, die ihm das Innere des Zauberberges erschloß; er sah viele Schätze, mit denen er sich die Taschen füllte; doch die Glücksblume ließ er trotz des warnenden Zurufs: „Vergiß das Beste nicht!" im Berge liegen.*) Im Scharfenstein hütet eine weiße Jungfrau große Schätze, in der man unschwer die gütige Göttin Holda erkennen wird. Ferner zeigt man bei Großen- Ritte die Spuren einer Riesenhand auf einem ins Feld geschleuderten Felsblock, den ein aus dem Odenberg gekommener Hüne vergebens nach der Kirche schleuderte. Am Mader Stein aber hatten unsere Vorfahren im Jahre 1247 den Sprößling eines alten chattischen Fürstengeschlechtes: Heinrich, das Kind von Brabant, auf den Schild gehoben. Von der germanischen Göttin Holda haben wir bei der Schilderung des Meisners schon manches erzählt; wenn es dort nebelt, so „hat Frau Holle ihr Feuer im Berge", wenn es schneit, „macht sie ihr Bett", und scheint die Sonne, so „kämmt sie ihr goldenes Haar". Und so erinnern noch viele Sagen und *) Daher soll das bekannte blaue Blümlein den Namen „Vergißmeinnicht" erhalten haben.
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