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1. Bilder aus dem westlichen Mitteldeutschland - S. 166

1883 - Leipzig : Spamer
166 Das Fichtelgebirge und seine Ausläufer. Daß der Zwerg den Holzfäller und die Seinen bei Nachtzeit sicher aus dem Walde bringt, sicher auch vorm Wütenheere, das ist ein Zug, der bei Goethe, wohl sicher als ein Andenken aus der Sage des hereynischen Waldes, wiederkehrt: den grauen Waldzwerg wandelt unser Dichterkönig, in der lieb- lichsten aller Balladen, zu niemand anders um als zum Kinderfreund — zum alten getreuen Eckart. Daß aber den Menschen, der dem wilden Jäger unterkommt, der Un- hold doch mitunter zu Tode hetzt, das beweist dem Leser jener schon früher bei der Sibyllensage erwähnte Student Papst, den dasselbe Leiden tötet, wie den Knaben im Erlkönig. Ist der wilde Jäger kein andrer als Wodan mit seinem Gefolge, so ist Goethes und der Skandinaven Erlkönig auch von gleicher Abkunft. Vettern oder Schatten dieser interessanten Gespenster sind auch jene zauberhaften Ritter, welche zu den Schmieden des Fichtelgebirges kommen, und in Bischofsgrün die Buckel der Rüstung aushämmern, oder die Pserde im Ochsenkopfe drin beschlagen lassen. Der Schmied, der's wagt, bleibt im Berge oder kommt als alter Mann erst wieder heraus. „In der Christnacht, während der Metten, hört man am Schneeberge noch den Schall des Hammers." An Wodan oder eigentlich an seinen in der Sage gänzlich mit ihm ver- schmolzenen Sohn, Donar, den Donnergott und seinen Hammer, erinnert auch im Fichtelgebirge der gewaltige Respekt vor seinem Wirken, vorm Gewitter. In Gesrees fielen, um den Herrn der Donnerkeile zu versöhnen, die Leute auf die Kniee. In Selb und Weißenstadt waren „Feuerkugeln" noch in diesem Jahrhundert in die Gebäude gemauert, um diese vor Donars Keilen zu schützen; das sollen den Leuten freilich die — Zigeuner gelehrt haben: wohl nur Lesart für die alten Heiden. Truden (Druiden) und Hexen (Hagedisen) necken hier noch bis zum heutigen Tage hin und wieder ihre Gläubigen im katholischen wie im protestantischen Teile des Volkes: in sie wandelte das Christentum die alten Seherinnen (Veleda!) und Priesterinnen des alten germanischen Wald- und Götterkultus um. In Stadtsteinach buttern die alten Hexen; sind sie dabei nackt, so gibt es mehr Butter. Sonst machen sie lieber die Gewitter, und nicht nur bei uns, sie verstehen diese Kunst von Schottland und Schweden bis zum Gotthard und Brenner. Die Göttinnen des altdeutschen Heidenglaubens leben ja gleichfalls hier noch fort. Die Hulda oder Holle, die Bertha oder Bercht, die Runen und die Hel klingen aus Sagen und Namen wieder. Wenn z. B. ein alter Spruch sagt: „Sprach Jungfrau Hille, Blut stand stille", so erkennen Wenz und andre Altertumsforscher hierin die Walküre Hilda, die Blut vergießen und wieder stillen kann. Zu den heulenden Kindern sagt man im Fichtelgebirge und im Mistelgau: „Sei still, sonst kommt die Berthe!" Wo Juugsraueu Schätze hüten, und eine ist davon schwarz, oder doch halb- schwarz, so klingt das an die Todesgöttin, die Hel, auffallend an. Während die öfters wiederkehrende Dreizahl der sagenhaften Jungfrauen an die Nomen erinnert, mag der Brunnenkultus an den Mythus jener Hela mahnen, „die unter der Esche Mdrasil wohnt, an deren Wurzeln die heiligen Brunnen rauschen." Noch heute ziert man im Fichtelgebirge bis ins Hummelland heraus am Osterfeste
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