1883 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Klöden, Gustav Adolph von, Vogel, Hermann
- Hrsg.: Gebauer, Heinrich
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
292 Die Sächsische Schweiz.
Sommer 1882 beobachtet, wie der Wagehals von ehemals auf dem dortigen
Bahnhofe ein Schriftchen ausbot, in dem er sein Abenteuer erzählt.
Vielfach ist der Wert eines solchen befestigten Felsennestes für den Kriegs-
fall in Frage gestellt morden. Man leugnet nicht, daß der Elbpaß dnrch den
Königstein vollständig gesperrt wird; aber man weist darauf hin, daß noch nie
durch ihu eine durch Sachsen ziehende Armee aufgehalten worden ist, da die alten
Kriegsstraßen weit seitwärts über die Gebirge ziehen, und daß bei der heutigen
Kriegführung mit Massenheeren kleine Festungen doch nur eine untergeordnete
Bedeutung haben. Wenn daran anch etwas Wahres ist, so bleibt doch zu bedenken,
daß es im Kriege außerordentlich wichtig sein muß, eine Eisenbahn, wie die
sächsisch-böhmische, je nach Bedürfnis zu öffnen oder zu sperren. Daß die Militär-
behörde der Festung immer noch einen hohen Wert beimißt, kann man daraus
erkennen, daß sie dieselbe stets in gutem Zustande erhält und auch aus eine den
gegenwärtigen Verhältnissen entsprechende Verstärkung bedacht gewesen ist.
In Kriegszeiten wird die Festung benutzt, um Staatsschätze sicher auf-
zubewahren. Die Georgenburg diente in früheren Zeiten als Staatsgefängnis.
Hier wurde der Kanzler des Kurfürsten Christian I., Nikolaus Crell, der die
ealviuistischen Wirren in Sachsen veranlaßt?, nach seines Beschützers Tode zehn
Jahre gefangen gehalten, ehe er 1601 in Dresden enthauptet wurde. Zur Zeit
des nordischen Krieges beherbergte die Georgenburg den livländischen Edelmann
Patknl, der, trotzdem ihn immer glühender Haß gegen Karl Xii. erfüllt hatte,
als russischer Gesandter am Hofe zu Dresden in den Verdacht eines Bündnisses
mit Schweden gekommen war. Er wurde daher erst nach dem Sonnen- und
hernach nach dem Königstein in festen Gewahrsam gebracht, bis er nach einer
Bestimmung des Altranstädter Friedens 1706 von August dem Starken an
Karl Xii. ausgeliefert wurde, der ihn auf seinem Znge von Sachsen nach Polen
auf die grausamste Weise hinrichten ließ. Andre Gefangene des Königsteins
waren der abenteuerliche Baron von Klettenberg, der auch dort oben anf Befehl
Augusts geköpft wurde; und der Geheimkanzlist Menzel, der Friedrich dem Großen
die Unterhandlungen des Dresdener, Wiener und Petersburger Kabinetts ver-
raten und dadurch den Ausbruch des Siebenjährigen Krieges beschleunigt hatte.
Die Stadt Königstein, die am Fuße des Felsens das Ende des Gottleuba-
thales ausfüllt, zählt 3788 Einwohner, die Festung 418. Die Stadt teilt die
Erwerbszweige der andern Städte an der Elbe, Schiffahrt, Holz- und Steinhandel.
Der Lilienstein ist viel mehr zerklüftet als der Königstein, und sein
Plateau, das sich von Ostsüdost nach Westnordwest erstreckt, ist an der breitesten
Stelle kaum halb so breit als das seines Nachbars. Wenn man ihn daher
von verschiedenen Stellen der Windung des Elbthales erblickt, welche beide
trennt, so erscheint er in so durchaus verschiedener Gestalt, daß man kaum glaubt,
man sehe denselben Berg. Auf dem Ostende des Plateaus steht ein Obelisk,
der an^ die Ersteigung des Liliensteins durch August den Starken im Jahre
1708 erinnert. Die Ebenheit, welche dem Felskegel als Sockel dient, ist sehr
breit. Sie war am 15. Oktober 1756 der Schauplatz eines traurigen Ereignisses.
Friedrich der Große schloß hier nach dem Siege iiber die Österreicher bei Lowositz
die sächsische Armee ein, die, von Strapazen, Hunger, Nässe und Kälte ermattet,
keine Kraft mehr besaß, sich durchzuschlagen und daher im Angesichte des König-
steins, wo ihr Landesherr sich aufhielt, die Waffen strecken mußte.