1883 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Klöden, Gustav Adolph von, Vogel, Hermann
- Hrsg.: Gebauer, Heinrich
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Dresdens Kriegsschicksale. 377
am 8. September ab, und die Österreicher rückten in die Stadt ein, deren Lage
freilich dadurch um nichts gebessert wurde. Die Bedrängnisse dauerten fort, ja
es war noch Schlimmeres zu befürchten; denn es ließ sich erwarten, daß Friedrich
alles aufbieten werde, um sich des wichtigen Punktes wieder zu bemächtigen.
Das geschah auch, und dadurch wurden die traurigsten Tage herbeigeführt,
die Dresden jemals erlebt hat. Im Juli des Jahres 1760 beschloß Friedrich,
die Stadt zu belagern und dadurch zur Kapitulation zu zwingen. Am 12. Juli
schlössen die Preußen Dresden von allen Seiten ein und begannen an der-
schiedenen Stellen Batterien aufzupflanzen. An den Maßregeln der Besatzung
merkten die Einwohner, daß dieselbe sich auf eine regelrechte Belagerung gefaßt
mache, und bange Sorge bemächtigte sich aller Gemüter. Von Zeit zu Zeit er-
tönte der Donner der Kanonen und einzelne brennende Häuser kündigten den
Anfang des Zerstörungswerkes an; doch ließen sich jetzt die Flammen immer
noch bewältigen. Von den Wällen her schallte das Knattern des Gewehrfeuers;
denn die Preußen näherten sich in den Häusern und Gärten der Vorstädte der
Festung, um der Besatzung möglichst viel Abbruch zu thun.
Endlich war alles vorbereitet und am sechsten Tage der Belagerung, am
19.Juli, begann das förmliche Bombardement von Dresden. Aus ihren
Mörsern warfen die Preußen immer acht huudertpfündige Bomben auf eiumal
in die Stadt. An ein Löschen entzündeter Gebäude war jetzt nicht mehr zu
denken; denn die Belagerer warfen nach allen Punkten, wo aufsteigender Rauch
das Ausbrechen einer Feuersbrunst verriet, die Bomben in solcher Menge, daß
alle Löschversuche vereitelt werden mußten.
Ein furchtbarer Schrecken überfiel die Einwohner. In den bedrohten
Straßen flüchteten sie sich anfangs in die Keller; doch hier kamen sie in Gefahr,
von den Trümmern der einstürzenden Gebäude lebendig begraben zu werden,
und so stürzten sie auf die Straßen, um nach den vom Bombardement ver-
schonten Stadtteilen zu fliehen, unterwegs bedroht von einschlagenden Kugeln
und zusammenbrechenden Dächern und Mauern. Um die Mittagszeit verstärkte
sich noch das Feuer der Batterien. Fünf Bomben trafen rasch nacheinander
den Turm der Kreuzkirche und bald stand er in hellen Flammen; schon nach
wenig Stunden stürzte er zusammen, zertrümmerte das Gewölbe der Kirche
und nach kurzer Zeit lag das stattliche Gebäude in Asche. Die Preußen sind
deswegen hart getadelt worden und es ist nie ganz klar geworden, was sie dazu
veranlaßt hat. Allerdings waren aus dem Turme einige Geschütze, die an Fest-
tagen und bei andern feierlichen Gelegenheiten gelöst wurden; aber sie waren
ganz unschädlich und konnten, da sie in viereckigen Mauerlöchern ruhten, gar
nicht gerichtet werden. Von preußischer Seite ist behauptet worden, es sei damit
auf die Belagerer geschossen und diese dadurch genötigt worden, die Kirche für
eine Batterie anzusehen; doch Augenzeugen wollen davon nichts wissen, obwohl
es möglich ist, daß einige mehr zum Versuch und ohne Wirkung abgefeuerte
Schüffe von den Einwohnern unter dem allgemeinen Geschützdonner gar nicht
wahrgenommen wurden. Gewiß ist nur, daß Offiziere der Besatzung vom
Turme aus ununterbrochen die Bewegungen und Stellungen des Feindes be-
obachteten; diese wurden nun freilich vertrieben, setzten aber ihre Beobachtungen
auf dem Schloßturme fort. Auch auf die Frauenkirche wurden Gefchoffe ge-
schleudert, aber an dem Gewölbe ihrer Kuppel prallten sie wirkungslos ab.