1883 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Klöden, Gustav Adolph von, Vogel, Hermann
- Hrsg.: Gebauer, Heinrich
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Christian Fürchtcgott Gellert als Knabe und Schüler. 395
in der regen Teilnahme für Arme und Notleidende äußerte, zeichneten Gellerts
Mutter aus, und dieselbe Züge finden wir im Charakterbilde des Sohnes wieder.
Die Kinderjahre flössen für Gellert in einfacher und ruhiger Weise dahin.
Den ersten Unterricht erhielt er in der Schule seiner Heimatsstadt, und obwohl
derselbe wenig zur Entwickelung feiner- geistigen Anlagen beitrug, so gedachte
doch Gellert in feinen späteren Jahren seiner Lehrer stets mit hoher Dankbarkeit
und konnte ihnen besonders nicht genug nachrühmen, daß sie ihn früh zum Ge-
horsam gewöhnt und ihm besonders eingeschärft hatten, die Beschwerden des
Lebens mit Ruhe und Gelassenheit zu ertragen.
Bei den geringen Einkünften seines Vaters mußte Gellert schon in frühen
Jahren daran denken, etwas zu erwerben. Daher begann er bereits in seinem
11. Jahre Kaufbriefe, Dokumente,
gerichtliche Akten2c. abzuschreiben,
um sich dadurch etwas zu erwerben.
Er pflegte noch in seinen späteren
Jahren scherzweise zu sageu, daß
seine Vaterstadt in ihren Kauf-
büchern und Kontrakten aus feiner
Jugendzeit mehr Werke seiner Feder
aufzuweisen habe, als sich die Welt
von seinem späteren Leben rühmen
könne. Früh zeigte Gellert Neigung
zur Poesie. Zwar fehlte es ihm an
Gelegenheit, seinen Geschmack zu
bilden, aber der Vater legte wenig-
stens dem Sohne in der Ausübung
seiner Liebhaberei kein Hindernis
in den Weg. Den ersten poetischen
Versuch machte Gellert in seinem
13. Jahre. Der Geburtstag des
Vaters nahte heran, und es galt,
ihn an diesem Tage mit einem Ge-
dichte zu begrüßen. Gellert ließ
sich zu diesem durch die üble Be-
schaffenheit der Wohnung seines Vaters anregen. Das Hans, worin sie sich
befand, war so baufällig geworden, daß man es, um den Einsturz zu der-
hindern, mit 15 Stützen versehen hatte. Mit ihnen verglich Gellert die Kinder
und Enkel des Hauses, auch 15 an der Zahl, indem er sie als die Stützen
des älter werdenden Vaters besang und denselben von jeder Stütze beglück-
wünschen ließ. Es lag in diesem Gedichte so viel kindlich frommer Sinn und
zugleich uaiver Witz, daß es im Kreise der Bekannten und Verwandten all-
gemeinen Beifall fand, und daß viele von diesen es noch stellenweise im Ge-
dächtnis hatten, als es von Gellert nebst andern Versuchen aus seinen Kinder-
und Jünglingsjahren schon längst den Flammen übergeben worden war.
^m Jahre 1729 kam Gellert auf die Fürstenschule zu Meißen, um sich
auf die Universität vorzubereiten. Der Unterricht behagte ihm aber nicht be-
sonders; denn die römischen und griechischen Klassiker wurden von Wort zu
Christian Fiirchtegott Gellert.