1883 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Klöden, Gustav Adolph von, Vogel, Hermann
- Hrsg.: Gebauer, Heinrich
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
450 Die Kämpfe an der Elbe.
seine Armee durch den Mangel an Zufuhren in die schlimmste Lage geraten.
Da entschloß er sich, auf eine Karte alles zu setzen: Daun mußte von Torgau
vertrieben werden, dann konnte Friedrich mit seiner Armee den Winter wieder
in Sachsen zubringen.
Der 3. November wurde zur Ausführung des Planes bestimmt. Friedrich
wollte mit der Hauptarmee die Stellung des Feindes umgehen und ihm in
den Rücken fallen, Zieten dagegen sollte ihn mit der übrigen Armee von vorn im
Schach halten und ihm womöglich zuletzt, wenn Friedrich ihn geworfen haben
würde, in den Rücken fallen und ihn vernichten.
Friedrich mußte mit seinem Heere einige Stunden durch die waldige Heide
marschieren, welche westlich von Torgau sich ausdehnt, und langte erst gegen
Mittag am Saume des Waldes gegenüber der feindlichen Stellung an. Da
hörte er plötzlich an der entgegengesetzten Seite des österreichischen Lagers
Kanonendonner, der immer stärker wurde. Er glaubte daher nicht anders, als
Zieten habe die Schlacht bereits begonnen und sie sei aus jener Seite in vollem
Gange, während doch Zieten nur auf eine vorgeschobene Abteilung gestoßen
war und sich dabei genötigt gesehen hatte, die Artillerie zu gebrauchen. Um
Zieten Erleichterung zu verschaffen, entschloß sich der König zum sofortigen An-
griff, obgleich er noch nicht seine ganze Armee beisammen hatte und namentlich
die Kavallerie durch den Wald zurückgehalten worden war. Doch Daun war
von seinen Bewegungen unterrichtet und hatte seine Maßregeln danach getroffen.
Als sich nun die preußischen Truppen anschickten, die Höhen zu erstürmen,
wurden sie von einer furchtbaren Kanonade empfangen; Hunderte von Feuer-
schlünden spieen Tod und Verderben auf sie, reihenweise wurden die Grenadiere
hingestreckt, die übrigen mußten sich zurückziehen. Unterdes waren neue Truppen
angekommen, und diese drangen jetzt vor; aber ein neues, noch schrecklicheres
Kanonenfeuer begann, so daß selbst der König zu einem seiner Adjutanten sagte:
„Hat Er je eiue stärkere Kanonade gehört? ich niemals!" Endlich gelang es
den Preußen, den Verhau, welchen die Österreicher an dieser Seite errichtet
hatten, zu übersteigen und sich hier zu behaupten; aber da kam schließlich öfter-
reichische Reiterei und trieb sie abermals zurück. Die Reihen Friedrichs waren
furchtbar gelichtet, ihr Mut aber noch nicht gebrochen. Zum drittenmal ging
es gegen die Höhen, und ein neuer fürchterlicher Kamps entspann sich. Dem
Könige wurden zwei Pferde unter dem Leibe erschossen, und ihn selbst traf eine
Kugel. Er sank bewußtlos vom Pferde, und Schrecken ergriff die Seinen. Aber
bald kam er wieder zu sich; die Kugel hatte die Brust nur gestreift und ihm
den Atem benommen, die von ihr verursachte Wunde war nicht gefährlich.
Der Kamps wogte hin und her, aber zuletzt mußten die Preußeu doch
wieder zurückweichen. Die hereinbrechende Nacht hinderte die Fortsetzung, und
Friedrichs Armee zog sich vom Schlachtfelde zurück. Friedrich selbst begab sich
nach dem Dorfe Elsnig, und da alle Häuser voll von Verwundeten waren,
nahm er sein Quartier in der Kirche. Er hatte noch nicht alle Hoffnungen ver-
loren; der Feind, meinte er, habe auch große Verluste erlitten, und da Zieten
noch in seinem Rücken stehe, werde er nicht wagen, seine Stellung zu behaupten.
Des Königs Umgebung teilte diese günstige Anschauung nicht, und es vergingen
einige Stunden in dumpfem Schweigen. Da kam plötzlich ein Bote von Zieten
und brachte die Nachricht von dem noch in später Abendstunde erfochtenen Siege.