Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Bilder von den deutschen Nordseeküsten und aus dem westlichen Tiefland - S. 125

1885 - Leipzig : Spamer
Das Land Wursten und die Wurstfriesen. 125 und gelitten für seine Unabhängigkeit voll Heldenmut und Ausdauer, wie keins ringsumher so zähe den alten festen Friesensinn, die friesische Sprache und Sitte bewahrt, und wie kein andres, höchstens die Hadler ausgenommen, so viele Rechte und Freiheiten behauptet durch alle wechselnden Zeiten bis auf den heutigen Tag. Die ältesten, wenn anch sehr dunklen Nachrichten über das Laud Wursten reichen bis ins 6. und 7. Jahrhundert, wo die Einwanderung der Friesen er- folgt sein dürfte. Es bevölkerte sich bald, und zur Zeit Karls d. Gr., dessen Heereszüge, obgleich ohne bedeutenden Erfolg, sicher auch diese Gegend be- rührten, führte es bereits seinen heutigen Namen. Urkunden und Verträge mit Bremen vom Jahre 1406 bezeugen die vollkommen republikanische Un- abhängigkeit des Landes, und die bremischen Erzbischöfe konnten bis dahin keine weitere Macht erlangen, außer in kirchlichen Angelegenheiten. Die Wurster waren ein wildes Seeräubervolk, das kühn mit kleinen Schiffen die Nordsee durchstreifte, ihre Küsten besuchte und namentlich den Bremern manches Drangsal bereitete — während es unter sich einer vortrefflichen inneren Ver- fassung nachlebte und den übrigen Friesenstämmen im Kampfe gegen die herrsch- süchtigen Erzbischöfe treulich beistand. Mit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts begannen die Angriffe auf ihr eignes Land. Herzog Johann aus dem askanischen Hause, das im benach- barten Hadeln längst seine Herrschaft begründet hatte, griff im Jahre 1484 die Wurster von der Nordseeseite an, fand aber tapferen Widerstand, so daß er sich zurückziehen mußte. Darüber erbittert, schloß er mit dem Herzog Heinrich von Braunschweig-Wolfenbüttel ein Bündnis gegen die Wurster. So fielen sie denn 1500 in das Wurstener Land ein. Die Wurster verloren den Mut nicht; ohne fremden Beistand, standen sie auf wie ein Mann; Greise und Knaben traten mit in die Reihen, und von hoher Begeisterung beseelt, brachten sie den Feinden eine so empfindliche Niederlage bei, daß diese sich zurückziehen und die Unterjochung aufgeben mußten. Schon bei diesem mißglückten Versuche hatte der Erzbischof Christoph in Bremen durch Hilfstruppen mitgewirkt. Bald trat er entschiedener auf, erklärte: der Kaiser habe ihm das Land zum Lehen gegeben und forderte die An- erkennung seiner Oberherrschaft. Als die Wurster ihn mit Hohn abwiesen, rüstete der Erzbischof ein Heer und fiel 1516 in Wursten ein. Wiederum standen alle Wurster wie ein Mann unter den Waffen; sogar eine Menge Weiber mischte sich unter ihre begeisterten Scharen, die, geführt von einer hohen Jungfrau, die eine Fahne mit dem Bilde des Todes schwang, dem bre- mischen Heere entgegenzogen. Unweit der Grenze kam es zu einer blutigen und hartnäckigen Schlacht. Mit unsäglicher Erbitterung fochten die wackeren Wurster den ganzen Tag hindurch; schon kam der Abend, und die erzbischöflichen Reihen begannen zu weichen — da plötzlich siel die bremische berittene Rück- Hut den vordringenden Wurstern wütend in die Flanken, und nun war die Stunde der Bauern gekommen, denn auch das bremische Fußvolk hatte sich ge- sammelt und griff von neuem an. Als die Nacht hereinbrach, lagen 800 Männer und 300 Weiber tot auf dem Schlachtfelde, unter letzteren auch die kühne Jungfrau mit der Todesfahne. Weit und breit überzog man nun das Land mit Sengen und Brennen. Der siegreiche Erzbischof belegte das Volk mit
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer