1885 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Köppen, Fedor von, Lehmann, F. W. Otto, Klöden, Gustav Adolf von
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
218 Die schleswigsche Westküste.
Der Kamm desselben enthält durchweg nicht die höchsten Punkte des Landes;
diese liegen meist östlich vom eigentlichen Landrücken. Der leichte, sandige Boden,
öfters von Torfmooren unterbrochen, ist, soweit er nicht durch Bearbeitung
fruchtbar gemacht worden, nur mit Heide bewachsen; an manchen Stellen kommt
selbst die Heide nicht mehr fort, und obgleich ein großer Teil des mittleren
Landstrichs durch den Fleiß der Bewohner für den Kornbau gewonnen ist,
liegen doch noch große Strecken wüste. Im nördlichsten Teil von Schleswig
treten außerdem auf der Westseite des Landrückens verschiedene Höhenzüge auf,
die im allgemeinen von Ost nach West streichen und ungeachtet ihres zum Teil
losen Zusammenhanges mit dem Landrücken gewissermaßen doch als Seiten-
arme desselben aufgefaßt werden können; sie bilden durchweg Wasserscheiden
zwischen den Gebieten der nach Westen strömenden Flüsse. Ein solcher Höhenzug
findet sich z. B. östlich vom Kirchdorfe Scherrebek, der im Gassehoi eine Höhe
von 52 m erreicht; ein andrer streicht längs des Nordufers der Grönau in der
Richtung nach Tondern und erreicht südlich vom Dorfe Jeifing eine beträcht-
liche Höhe; auf einem dritten südlich vom Gebiet der Widau, der von Walsbüll
bis Humtrup streicht, liegen die Kirchdörfer Medelbye, Laderlund, Süder-Lügum.
Allmählich senkt sich der Höhenrücken nach Westen hin und stößt hier an
den westlichen Landstrich, welcher den flachsten und niedrigsten Teil des Landes
bildet und zum größten Teil aus Marsch besteht. Die westliche Abdachung
selbst unterscheidet sich wesentlich von der östlichen durch größere Einförmigkeit
und geringere Fruchtbarkeit. Neben langgestreckten Höhenzügen gibt es auch
hier meilenweite Ebenen mit Sandboden, auch sumpfige Strecken von großer
Ausdehnung. Ein großer Teil war früher mit Heidekraut bewachsen; gegen-
wärtig find weite Strecken Heidelandes urbar gemacht, und namentlich dort,
wo Mergel zu erreichen ist, besitzt man jetzt einen Boden, der neben der
Kartoffel auch Roggen, Hafer und Buchweizen trägt.
Das Marschland erstreckt sich fast ununterbrochen längs der Westseite des
Landes. Von der Schottburger oder Königsau bis zu dem zu Jütland gehörenden
Kirchdorfe Ballum bildet es jedoch nur einen schmalen, häufig von Geest unter-
brochenen Streifen Landes, während es südwärts von Ballum bis zum Dorfe
Hoyer durch die Geest ersetzt wird. Erst von Hoyer an beginnt eigentlich die
schleswigsche Marsch, wird aber im Amte Husum, in der Gegend von Schobüll
durch eine Strecke hoher Geestküste unterbrochen und zieht sich dann ohne Unter-
brechung bis zur Eider und südlich von dieser bis Wedel fort. Sie bildet eine
vollkommen ebene, äußerst fruchtbare Fläche, die in Schleswig namentlich zur
Viehzucht, besonders zum „Fettgrasen" der Ochsen benutzt wird, während man
im Holsteinischen zum Teil Raps, Hafer und Hülsenfrüchte auf ihr baut.
Der niedrigen Lage wegen ist die ganze 315 lim betragende schleswig-
holsteinsche Westküste gegen die Fluten des Meeres durch mächtige Deiche ge-
schützt, deren Aufführung und Erhaltung bedeutende Summen kosten, welche
die anteiligen Gutsbesitzer je nach Verhältnis aufzubringen haben (für Schleswig
bestehen drei, für Holstein sechs größere Deichverbände). Die höchsten derselben
haben eine Höhe von 6 m über der gewöhnlichen Fluthöhe. Oben sind sie
4—7 m breit und laufen nach außen sehr schräg zu, damit sie besser der Ge-
walt der Wogen widerstehen können, während sie nach innen ziemlich steil ab-
fallen. An der Außenseite find sie an vielen Stellen mit Faschinen bekleidet. —