1885 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Köppen, Fedor von, Lehmann, F. W. Otto, Klöden, Gustav Adolf von
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
280 Die Lüneburger Heide.
welche der Besitzer eines der beiden Höfe ihr gewährt, erhielt dieser später vom
Kaiser Lothar verschiedene Privilegien, und der kleine Ort den Namen Lutterloh.
Die Sage sügt hinzu, daß einer der damaligen Besitzer jenes Hofes aus das
Privilegium der Abgabenfreiheit aus eigentümlichem Stolze verzichtet habe.
Bei einem Wortwechsel mit andern Bauern rief ihm nämlich einer höhnisch und
verächtlich zu:. „Du kanst jo nich mal dinen König betaalen!" — welcher bos-
hafte Vorwurf den Steuerfreien bewogen haben soll, höheren Ortes anzuzeigen,
daß er in Zukunft seine Abgaben gleich den übrigen Bauern entrichten werde.
Die Stadt Celle (18 800 Einwohner) an der von hier an schiffbaren Aller
und der in diese fallende Fufe gelegen, hat vor Zeiten in der Geschichte der
brannschweig-lünebnrgischen Lande eine nicht unwichtige Rolle gespielt, ist aber
jetzt zu einer einfachen Provinzialstadt herabgesunken. Mit Ausnahme einiger
weniger Teile macht sie auch keinen besonders günstigen Eindruck. Die meisten
Straßen und Häuser sind unansehnlich und die Umgebung besitzt wenig An-
ziehendes. Nur das am Westende gelegene Schloß, welches im Jahre 1485 im
gotischen Stil begonnen und später von einem Italiener, Namens Giacomo
Bolognese im Renaissancestil ausgebaut wurde, und in welchem bis zum Jahre
1705 die Herzöge der cellischen Linie des Hauses Braunschweig-Lüneburg
residierten, ist ein imposantes Bauwerk. Von 1772—1775 wohnte in diesem
Schlosse die unglückliche Königin Karoline Mathilde von Dänemark, die Schwester
Georgs Iii., die nach dem Sturze Struensees nach Celle verbannt wurde und
auch dort starb; im sogenannten „Französischen Garten" ist ihr ein steinernes
Grabmal gesetzt. Ihr Sarg steht in dem Grabgewölbe unter der alten Stadt-
kirche. Ein weiteres Denkmal des in Celle gebornen ausgezeichneten Landwirts
A. Thaer befindet sich in der „Trift", einer städtischen parkartigen Anlage.
Heidebilder. Die durch ihre Einförmigkeit und Öde bekannte Lüneburger
Heide gehört zu dem Fürstentum Lüneburg in der Provinz Hannover. Dieses
Fürstentum läßt sich nach der höheren oder tieferen Lage seiner Landfläche in
drei Teile zerlegen: in das Tiefland am Ufer der Elbe, Zeetze und Aller, welches
fast durchgängig aus fruchtbarem Marschboden besteht; in das von mehreren
Flüssen durchschnittene Mittelland, wo Heiden, Wälder und Moore mit bebauten
Gegenden wechseln; und in das Hochland, die eigentliche Lüneburger Heide,
deren höchster und wildester Punkt, die „Osterhöhe", indes nur etwa 125 m
über dem Meere gelegen ist. Das Hochland ist der nordwestliche Teil des
uralisch-karpathischen Höhenzuges. Es hat ein mehr wellenförmiges Gebilde
als der nördlicher gelegene Teil dieses Höhenrückens, gleichfalls Sandboden und
Nadelholz. Die Lüneburger Heide zieht sich von Südost nach Nordwest zwischen
Elbe und Weser hin. Da ihr Abfall gegen Norden steiler ist als gegen Siiden,
so erscheint sie dem Wanderer, der von Norden kommt, als ein ausgedehnter
blauer Gebirgsstreif, aus welchem die Flüsse ziemlich schnell in tiefen Thälern
ihm entgegenkommen. Nähert er sich ihr aber von Süden, fo sieht er nichts als
eine endlose Ebene vor sich, deren Flüsse sich langsam durch einen breiten Rand
von Sümpfen und Mooren zur Aller herabwinden. Auf der Höhe sind Quellen
und Moore; an den Abhängen aber quillt das Wasser der meist klaren Heide-
bäche. Es ist nicht zu leugnen, daß sich die Heide durch ihre Masseuhaftigkeit