1884 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
22 Aus Schlesiens Vergangenheit.
Heß gewogen und hatte zur Wahl seine Zustimmung gegeben. Wie segensreich
Heß wirkte, darüber berichtet die Geschichte Breslaus. Dem Beispiele dieser
Stadt folgten viele andre in Schlesien, so daß sich schon innerhalb eines Zeit-
raumes von 25 Jahren die Reformation fast durch ganz Schlesien verbreitet hatte.
Schlesien unter Regenten aus dem Haufe Osterreich (1526—1740).
Im Jahre 1526 waren die Türken in Ungarn eingefallen. Zwischen den
Heeren beider Völker kam es zum Kampfe bei Mohaez, wo die Türken siegten.
Ludwig mußte fliehen und kam aus der Flucht ums Leben, als er in einen
Morast hineinsank und sein auf ihn stürzendes Pferd ihn erstickte. Er war erst
20 Jahre alt, als er starb, und hinterließ keine Erben. Ferdinand von Öfter-
reich, der Gemahl seiner Schwester, erhob Ansprüche auf seine Länder; Ungarn
kam ihm vertragsmäßig zu, obgleich viele Ungarn den Woiwoden von Sieben-
bürgen, Johann von Zapolya, als Gegenkönig aufstellten, mit dem Ferdinand
in einen langwierigen Krieg verwickelt wurde; die Böhmen wählten ihn zu
ihrem Könige und die Schlesier schlössen sich, obwohl sie unwillig waren, daß
sie nicht zur Wahl hinzugezogen waren, der Wahl an und erkannten ihn als
ihren Oberherrn an. So kam Schlesien an das Haus Österreich und wurde
wieder als zu Böhmen gehörig betrachtet. Im Mai 1527 kam Ferdinand
selbst mit seiner Gemahlin nach Breslau und empsing die Huldigung.
Unter Ferdinands Regierung wurde zwischen dem Herzoge Friedrich Ii.
von Liegnitz und dem Kurfürsten Joachim Ii. von Brandenburg ein Vertrag
abgeschlossen, welcher die Erbverbrüderung genannt wird. Herzog Friedrich
von Liegnitz, Brieg und Wohlau fürchtete nämlich, der König von Böhmen
werde, wenn das herzogliche Hans einmal aussterbe, als unumschränkter Herr
die Reformation in seinen Landen unterdrücken. Da nun König Wladislaus
von Ungarn ihm einst das Recht zugesprochen hatte, Land und Leute versetzen,
verkaufen oder vergeben zu dürfen, so schloß er im Jahre 1537 mit Joachim Ii.
folgenden Vertrag: Stirbt die herzogliche Piastenfamilie in Liegnitz je aus,
dann fallen die Herzogtümer an Brandenburg; stirbt dagegen das kurbranden-
burgische Haus früher aus, dann fallen verschiedene Teile der Mark Branden-
bürg an Liegnitz. Als König Ferdinand I., der eifrig katholisch war, von dieser
Erbverbrüderung hörte, erklärte er sie für null und nichtig, weil derselbe
Wladislaus zu einer andern Zeit in seiner Gutmütigkeit den Böhmen ver-
sprochen hatte, es solle der Krone von Böhmen keins ihrer Länder entfremdet
werden. Hiernach stand also das Recht bei dem, der die Macht hatte, in Zu-
kuuft seinen Ansprüchen Geltung zu verschaffen.
Auf Ferdinand I. folgte 1564 Maximilian Ii., der nur zwölf Jahre
regierte und der Reformation geneigt war, während sein Sohn Rudels Ii.
(1576—1611) eifrig bemüht war, die Reformation in.seinen Ländern aus-
zurotteu. Den Schlesiern gab er zwar, als sie sich an seinen Bruder Matthias
von Ungarn um Hilfe wandten und er den Abfall des Landes fürchtete, im
Jahre 1609 auf ihr dringendes Bitten den Majestätsbrief, in welchem ihnen
freie Religionsübung, die Erbauung von Kirchen und Schulen, die Einsetzung
von Geistlichen sowie die Einrichtung eigner kirchlicher Behörden zugestanden
und außerdem verheißen wurde, daß alle Befehle des Kaisers und seiner Nach-'
kommen gegen diesen Majestätsbrief ungültig sein und die dagegen Handelnden