1884 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
88 Das Jsergebirge mit seiner Umgegend^
Der Bergbau in Goldberg hörte im 15. Jahrhundert ganz auf, weil derselbe
nichts mehr einbrachte. Die Sage berichtet, die Goldberger Bergknappen hätten
um diese Zeit einen Mönch erschlagen, welcher noch kurz vor seinem Tode in der
größten Lebensgesahr den schleichen Bergbau verflucht und mit einem Banne
belegt habe. Zweimal, in den Jahren 1428 und 1431, ist Goldberg durch
die furchtbaren Verwüstungen der Hnssiten verheert und fast vertilgt worden.
Entsetzlich litt die Stadt im Jahre 1633 durch Wallenstein. Dieser
geniale Feldherr hatte es verstanden, die Schweden und Sachsen voneinander
zu trennen durch verstellte Märsche, die er mit seinen Truppen machte, und
brandschatzte Schlesien. Am 4. Oktober kam er mit seinem Heere in die
Nähe von Goldberg. Früh morgens um 6 Uhr fand sich eine starke Ab-
teilung Reiter beim Oberthor ein, deren Befehlshaber den Bürgermeister zu
sprechen verlangte. Dieser erschien mit einigen Ratsherren und Adligen aus
der Umgegend, die vor den Kriegsunruhen in der Stadt Sicherheit gesucht
hatten, und erhielt den Befehl, für den General Wallenstein ein Frühstück
zu besorgen. Man fragte den Offizier nach seiner schriftlichen Ordre, und
da er diese nicht zeigen wollte oder konnte, kam es zu langen Streitereien,
während dessen immer mehr Soldaten herankamen, in der Stille die Stadt
umringten und von außen die Thore besetzten. Als die Ratsherren in die
Stadt zurückkehren wollten, ließ sie der Offizier ergreifen, bis aufs Hemd
ausziehen, jämmerlich mißhandeln und binden. Die Bürger, welche diese Grausam-
keit sahen, sperrten die Thore und zogen die Brücken in die Höhe. Doch die
Soldaten überstiegen die Mauern, öffneten die Thore von innen und gewährten
6000 Kriegern freien Eingang. Die gefangenen Ratsherren mußten die reichsten
Hänser nennen, deren Plünderung die Offiziere selbst unternahmen; die übrigen
Häuser wurden den Gemeinen preisgegeben. Mit Wut drangen diese in die
Häuser der bebenden Bürger ein, verwundeten die Einwohner, legten ihnen
Stricke um den Hals, schleppten sie nackt auf die Straßen, steckten ihre Daumen
in die Pistolenhähne, rieben die verwundeten Fußsohlen mit Salz ein, schlugen
ihnen brennende Kiensplitter unter die Nägel, schnitten ihnen Nasen und Ohren
ab, verbrannten einige in Backösen, zertraten andern die Rippen, raubten, was
sie fortschaffen konnten, und zerstörten, was nicht fortzubringen war. Diese
barbarische Zerstörung dauerte 24 Stunden. Als die Plünderer abzogen, fand
man über 100 Leichen und über 300 Verwundete. Bei der Plünderung wurde
auf ausdrücklichen Befehl Wallensteins das Haus des Kantors Fechner ver-
schont. In seiner Jugend hatte nämlich Wallenstein die Goldberger Schule
besucht, und einer seiner Lehrer war der Kantor Fechner gewesen, welcher nie
viel von dem mürrischen, in sich gekehrten Knaben gehalten hatte. Als dieser
einst träumerisch dasaß, während seine Mitschüler sich dem ausgelassenen Spiele
überließen, sagte ihm Fechner: „Wenn aus dir ein großer Mann wird, will ich
dein Hosnarr werden." Der ruhmreiche Feldherr gedachte nun dieses Auftrittes
in der Schule, ließ den alten Kantor zu sich rufen und erinnerte ihn an seinen
Ausspruch. Der zitternde Alte bat um Verzeihung, da er ja die Zukunft nicht
habe wissen können, und wurde gnädig entlassen.
Die Goldberger Schule erfreute sich in der Zeit, in der Wallenstein ein
Knabe war, noch eines bedeutenden Rufes, den Trotzendorf begründet hatte.
Valentin Friedland, genannt Trotzendorf (Trocedorfras) nach einem