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1. Bilder aus dem Gebirge und Berglande von Schlesien und den Ebenen in Posen von der Oder bis zur Weichsel - S. 124

1884 - Leipzig : Spamer
124 Das Riesengebirge. die Leute saßen, sein tolles Wesen treibe. Man hörte gern zu, lächelte aber zu den erzählten Geschichten und glaubte ihnen nicht. Da vernahm man Plötz- lich in dem nahen Unterholz ein lautes Krachen und Prasseln, und sogleich stürzte ein großer Eber, der einen Pfeil in der Seite hatte, aus dem Dickicht hervor und eilte auf die Wiese, auf der die Spaziergänger saßen, die nun in große Gefahr gerieten. Alsbald aber erschien ein prächtig gerüsteter Ritter, der den Eber verfolgte, ihm den Dolch in die Seite stieß und so die munteren Leute von jeder Gefahr befreite. Der fremde Ritter wurde eingeladen, Platz zu nehmen und sich am Frühstück zu beteiligen. Zu ihrem Erstaunen sahen jetzt die jungen Männer, welche sich in der Gesellschaft befanden, daß die Waffen, die sie neben sich gelegt hatten, verschwunden waren und auf dem Gipfel eines Baumes hingen. „Das hat Rübezahl gethan", sagte Irmgard, und allmählich glaubte man an das Walten des Berggeistes im Gebirge; denn es wurde weiter erzählt, und der fremde Ritter, der sich für einen Lehnsmann des Markgrafen von Brandenburg ausgab, hörte aufmerksam zu. Noch war nicht viel Zeit verstrichen, da vernahm man aus der Ferne Klagelaute. Irmgard und der Ritter stürzten schnell dorthin, woher der Schmerzensschrei kam. Sie fanden einen Jäger, der erklärte, er sei durch einen angeschossenen Eber niedergestreckt und schwer verwundet worden. Irmgard riß ihren Schleier vom Kopfe herunter und legte ihn in Fetzen auf die Wunden des schwerkranken Mannes. Plötzlich sprang dieser völlig geheilt auf und behauptete, seine Heilung sei durch die Wunderkraft des Schleiers vor sich gegangen. „Es ist billig", fuhr er fort, „daß ich ihn durch einen andern, ebenso kräftigen ersetze." Sosort riß er aus dem Rücken des erlegten Ebers einige Borsten, warf sie der Irmgard über den Kopf, wo sie sich zu einem prächtigen, goldenen Schleier vereinigten. Dann verschwand der eben noch todkranke Mann unter einem furchtbaren Donner- schlage. Jetzt wußten alle, mit wem sie es zu thuu gehabt hatten; sie-fühlten sich unheimlich und brachen nach dem nächsten Dorfe auf, um dort zu über- nachten. Der Ritter wurde zwar von Irmgard eingeladen, mit auf den Kynast zu kommen und um die schöne Kunigunde zu werben; aber er zog es vor, mit seinem Knappen weiter zu reisen. Da er nun keinen Führer hatte, verirrte er sich bald in den engen Schluchten des Gebirges, und als plötzlich dichter Nebel eintrat, wollte das Roß nicht weiter gehen; er spornte es an, es bäumte sich und stürzte mit ihm in die Tiefe. Ms er aus seiner Betäubung erwachte, be- fand er sich auf einem weichen Mooslager in der niedrigen Hütte eines Ein- siedlers, der ihm erzählte, ein rüstiger Jäger habe ihn auf seiner Schulter zu ihm gebracht und gesagt, er habe ihn neben seinem toten Pferde in einer Schlucht gefunden. Bei dem Einsiedler blieb der Ritter mehrere Tage, bis er so ziemlich genesen war; der Knappe, der ihn nach langem Suchen fand, kaufte ihm ein Pferd in Hirschberg, und dann ritten beide weiter nach Wien, nachdem zwar der Ritter noch die schöne Kunigunde in einer Messe in Hirschberg gesehen, sich aber nicht hatte entschließen können, für sie den gefährlichen Ritt auf der Mauer um die Burg zu wagen. Zu Anfange des Frühlings im nächsten Jahre traf es sich, daß Irmgard ihrer Gewohnheit gemäß durch die Thäler und Wälder streifte und Blumen suchte. Plötzlich sah sie sich von den Leuten des nahen Hausberges, mit denen Kunigunde in Fehde lebte, umringt, ergriffen und in die Gefangenschaft
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