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1. Bilder aus dem Gebirge und Berglande von Schlesien und den Ebenen in Posen von der Oder bis zur Weichsel - S. 131

1884 - Leipzig : Spamer
Die Zillerthaler. 131 dem Zuge zu folgen, während ihr Vater und die andern Geschwister sich vom schönen Zillerthale nicht zu trennen vermochten. Die österreichische Regierung legte den Abziehenden keine Schwierigkeiten in den Weg; kein Abzugsgeld wurde ihnen, wie einst den Salzburgern, abver- langt; kein Zwang, kein Druck wurde auf dieselben ausgeübt, ja der Unbemittelte erhielt sogar noch eine kleine Reiseunterstützung. Die Auswanderung erfolgte in kleinen Zügen, nicht in einer Hauptmasse. Am 31. August 1837 fetzte sich der erste Transport in Bewegung; im ganzen zogen fünf Abteilungen aus, an jedem Tage bis zum 4. September eine; die Zahl der Auswanderer wird auf 440 angegeben. Der Schmerz des Abschiedes war ihnen um so schwerer und heißer auf die Seele gefallen, weil von allen Seiten nicht Hohn oder Wut und blinder Fanatismus der zurückbleibenden strengen Katholiken ihnen nachschrie, sondern weil die Thränen aller Verwandten und Freunde und Bekannten ihnen das schmerz- liche Geleit gaben, sie ihnen teilnehmend die Hände drückten. Überall schauten treuherzige, freundlich nickende, ernste Gesichter ihnen nach, und gute Wünsche wurden ihnen zahlreich nachgerufen. Auf dem Marsche waren die Tiroler anfangs voll von Begeisterung, später erlahmten die Kräfte. Gesang und Gebet hob dann aus einige Zeit wieder den geknickten Mut. Einige blieben bis zum Ende der Reise bei guter Zuversicht, andre fürchteten bald, sie seien falschen Propheten gefolgt und würden elend vor Hunger sterben. Meist wurde ihnen mit Freundlichkeit und Mitleid begegnet, selten wurden Nachtquartiere versagt. Sie gingen durch Salzburg, Oberösterreich ob d. E. und Böhmen und berührten die Städte Salzburg. Linz, Bndweis, Czaslan, Chrudim und Trantenau. Die Züge bewegten sich in großer Stille und Ordnung vorwärts. Die Verbannten besuchten zuweilen auf ihrem Wege die Kirche, zuweilen hielten fremde Geistliche ihnen Predigten im Freien, wo die Choräle der andächtigen wandernden Gemeinde in den Thalklüften laut widerhallten. Der Zug muß ergreifend genug ausgeschaut haben, wenn er in ein Dorf oder durch eine Stadt ging. An der Spitze schritten Männer und Frauen, hochaufgeschossene, kräftige Gestalten; das Haupt hatten sie bedeckt mit dem bekannten Tirolerhute, einen Regenschirm hielten sie in der Hand; sie waren mit ihrer einfachen Nationaltracht angethan. An allen konnte man wahrnehmen, daß ihr Gewand beim Antritt der Reise neu augeschafft war. Ernst und still ging der Zug vorwärts. Feste, ruhige Entschlossenheit lag auf dem Antlitz der Männer, der Zug demütiger Entschlossenheit auf dem der Frauen ausgeprägt. Es folgten die Wagen, mit den schwächeren Weibern und Kindern sowie den notwendigsten Habseligkeiten beladen und geleitet von daneben herziehenden Männern. Hinter diesen bildeten den Schluß einige zweiräderige Karren mit Büchern, die ihre Besitzer selbst zogen. Es war im Kreise Landeshut, wo die Tiroler am 20. September 1837 zuerst preußischen Boden, das Gebirgsdors Michelsdorf, betraten. Der dortige Geistliche hatte dafür Sorge getragen, daß den Verbannten ein feierlicher und herzlicher Empfang bereitet wurde. Hier öffneten sich ihnen zum erstenmal die Kirchenthüren der neuen Heimat. Sie traten ein und stellten sich still um den Altar. Da nahm zufällig einer das Bild des Königs wahr und lenkte auch die Auf- merkfamkeit der andern auf dasselbe. Mit einem Ausruf der frohsten Überraschung eilten alle auf das Bild zu und betrachteten es mit freudestrahlenden Augen. 9*
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