1884 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
140 Das Riesengebirge.
emporsteigen. Von hier aus genießt man, da der Berg oben abgeholzt ist,
nicht nur eine imposante Aussicht nach dem Hauptkamme des Riesengebirges hin,
sondern man überblickt auch die schönen Thäler von Landeshut und Schmiedeberg.
Fischbach. Unweit Schmiedeberg liegt das Dorf und Schloß Buchwald,
der altersgraue Stammsitz der Grafen von Reden, jetzt Eigentum des Freiherrn
von Rothenhan. Von hier aus lenkte die Gräfin von Reden die Angelegen-
heiten der Zillerthaler. Hier lebte sie in ihrem Schlosse, das in einem stillen
Thalkessel liegt, in welchem viele Teiche zwischen Wiesen, Fluren und Hügeln
hervorschimmern. Die ganze Gegend ist durch d^n Minister Graf Reden
(gest. 1815) in einen großartigen Park umgewandelt worden, welcher aus allen
Höhen und Aussichtspunkten den Blick zu den nahen und fernen Umgebungen
durchläßt. In des Großteiches Silberfluten spiegeln sich die herrlichsten Eichen,
Fichten, Trauerweiden und andre hochstämmige Bäume, sowie das Schloß und
das majestätische Gebirge. Auf wohlgepflegten Gartenwegen gelangt man bald
am Gewässer, bald an blumigen Matten, bald an Baumpartien vorüber zu der
vom Waldesdunkel überragten Abtei. Am Fuße des Hügels steht ein Brunnen-
aufsatz, der alte, schöne Steinarbeit zeigt und einst im Schloßhofe von Fischbach
stand. Südlich von der Abtei erhebt sich am Waldessaume ein hervorspringender
Fels, von dem aus man einerseits das Eglitzthal, anderseits die Schneekoppe
und den entfernten Kynast erblickt. In 11/2 Stunde gelangt man von Buchwald
nach Fischbach, das in einem Thalkessel liegt am Fuße des sich 669 in ü. d. M.
erhebenden Zwillingspaares der Falkensteine. Die gesunde, vor scharfen Winden
geschützte Lage, die Nähe der Berge und die romantische Gegend haben das
Dorf in den letzten Jahren zu einem fehr besuchten Sommeraufenthaltsort der
Großstädter gemacht, infolge dessen sein Äußeres durch Neubauten, Villen und
Gartenanlagen sehr verschönert ist; der fruchtbare Ackerboden, der Reichtum an
fetten Wiesen begünstigen den Ackerbau und die Viehzucht (1871: 204 Häuser
mit 1100 Einwohnern). Das Schloß gehört den Erben des im Jahre 1851
gestorbenen Prinzen Wilhelm von Preußen, des Bruders von König Friedrich
Wilhelm Iii., der es 1822 gekauft und ihm 1846 seine gegenwärtige Gestalt
gegeben hat. Am Eingange sind zwei je 2 m lange Kanonen auf hohen Rädern
aufgestellt, an denen eine vergoldete Jnfchriftentafel meldet, daß sie dem Prinzen
Waldemar von den Engländern in dankbarer Anerkennung seiner Teilnahme
am Kampfe gegen die Sikhs in Ostindien im Jahre 1845 verehrt wurden.
Das Innere des Schlosses ist un Kunstschätzen reich, unter denen mehrere Holz-
und Elfenbeinschnitzereien, Glasmalereien, Marmorbüsten, Ölgemälde zu er-
wähnen sind. In der Nähe des Ortes liegen die beiden Falkensteine, die aus
Granit bestehen; der südliche der beiden Steine trug zuerst die Burg Falken-
stein, die schon 1458 zerstört wurde. Der Prinz Wilhelm ließ den Stein im
Jahre 1823 bis aus die höchste Felsspitze durch einen Fußweg zugänglich machen.
Oben findet man noch ein Stück Mauer, den einzigen Rest der Burg. Die
nur wenige Quadratfuß große Oberfläche des höchsten Felsens, der überall
senkrecht abfällt, ist mit einem schützenden Holzgeländer umgeben. In der Mitte
findet sich tief in den Felfen eingelassen ein kolossales gußeisernes Kreuz mit der
Inschrift: „Des Kreuzes Segen über Wilhelm, die Seinen und das ganze Thal."