1884 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Der Name des Berggeistes im Riesengebirge. 151
welche man der Sprache anthun muß, um die Namen Rubezzo Giovanni (da
Henelins bereits 1613 den Ribenzal nennt und Prätorius erst 1660 sein Buch
herausgegeben hat, so ist es ganz unmöglich, daß Rubezzo Giovanni das Urbild
Rübezahls sein kann), Ronseval, Rüben v. Zahlen. Rupert Zahn und Rupert
Zeh in Rübezahl umzuwandeln, so legen doch die vielen Pseudo-Rübezahle der
neuesten Zeit — man denke nur an den vor einigen Jahren in Hirschberg ver-
storbenen ehrenwerten Reimann, der wegen seiner exzeptionellen Gewohnheiten
und wegen seines originellen rauhen, bärtigen Äußern allgemein als Rübezahl
tituliert wurde, und an den noch lebenden, im mährischen Gesenke als Rübezahl
bekannten Herrn Obersteiger Lorenz aus Zuckmantel, den wir zwar nicht die
Ehre haben zu kennen, der aber, wie wir lesen, nur wegen seiner bärtigen,
originellen Erscheinung zu dem Titel gekommen ist, welcher heute nur noch
eine gute, humoristische Bedeutung hat — die Vermutung nahe, daß es sich
mit jenem Schmiedeberger Rupert Zeh auch nicht anders verhält. Der sran-
zösische Herr Ronseval sowie auch der Herr Naturforscher Rüben v. Zahlen
dürften wohl kaum ernstlich bei dieser Frage konkurrieren; auch Rupert Zahn,
als welcher sich bei einer angeblich in Schmiedeberg stattgefundenen Teufels-
bannerei der Berggeist selbst legitimiert haben foll, kann sich wohl mit der Ehre
begnügen, überhaupt erwähnt zu werden.
Es kommen nun diejenigen Erklärungen, die ohne weiteres auf der An-
nähme eines Geistes oder Dämons beruhen und bei denen eine geschichtliche
Person ausgeschlossen ist. Unter diese Erklärungen gehört die von Liebusch in
seiner „Skythika"; danach käme Rübezahl von den Wörtern rib, d. i. Berg, und
zal, d. i. Gott; doch sind zugestandenermaßen diese Urformen oder Wurzeln
nirgends mehr nachweisbar. Hierher gehört auch der Roi de Talle (oder
vallee). Wir hätten es hier demnach mit einem Thalherrn oder Thalkönig zu
thun. Dem Berggeiste würde also damit ein ganz andres Gebiet für feine
Herrschaft zugewiesen, als ihm sonst allgemein eingeräumt wird. Auch aus
sprachlichem Grunde läßt diese Erklärung keine Annahme zu; ohne Zweifel ist
dieser sich bei Lucä vorfindende Name zu jener Zeit entstanden, als französische
und italienische Bergleute unser Gebirge nach metallischen Schätzen durchforschten.
Riphaeorum diabolus oder zabulus, Riphenzabel, Ribenzal, Rübenzahl.
Diese Erklärung wird auf die Geistlichkeit der früheren Jahrhunderte zurück-
geführt, welche in ihren Bemühungen, das Ansehen des noch hier und da im
Volke vorhandenen heidnisch-slawischen Götterglaubens zu zerstören, gezwungen
war, die alten Götter als „Diaboli" zu bezeichnen. Wenn nun auch dieser
Erklärung nicht aller Wert abzusprechen ist, so hat sie doch das gegen sich,
daß der Name „Riphäengebirge" statt Riesengebirge niemals außerhalb der
Gelehrtenstube gebräuchlich gewesen ist und schon deshalb unmöglich zu einer
volkstümlichen Anwendung kommen konnte. Die am häufigsten verbreitete und
lediglich auf Mufäus zurückzuführende Erklärung zeigt uns unfern Berggeist
als „Rübenzähler" in eine romantische, für ihn aber unglückliche Liebesaffaire
verwickelt, die ihm den Spottnamen „Rübezahl" eingebracht haben soll. Diese
auf unbegrenzter Phantasie beruhende Deutung ist als eine bene trovata wohl
schwerlich zu bezeichnen. Von dem sonstigen Werte des betreffenden Märchens
wird dabei selbstverständlich ganz abgesehen. Auch einer Entstehung aus dem
Tschechischen muß ich gedenken. Danach soll der Name aus Rybreol entstanden