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1. Bilder aus dem Gebirge und Berglande von Schlesien und den Ebenen in Posen von der Oder bis zur Weichsel - S. 154

1884 - Leipzig : Spamer
154 Das Riesengebirge. vom Berge niedersendet. Als Mönch in grauer Kutte sitzt er auf dem Berge und hält ein Saitenspiel in der Hand und schlägt mit solcher Kraft in die Saiten, daß die Erde davon erzittert; oft erhebt er sich im Fluge über die höchsten Gipfel der Bäume und wirft sein Saitenspiel mit Donnergetöse auf die Erde; bald wieder reißt er im Wirbelwinde die Bäume aus und dreht sie im Kreise." Auch war Rübezahl nach Prätorius der Patron der Quacksalber und Kräutersammler, die auf Jahrmärkten sein Bild als Aushängeschild an ihre Bude hängten. Um sich in seiner Gunst zu erhalten, nannten sie ihn nicht Rübezahl, sondern „Herr Johannes"; er zeigte ihnen die Heilkräuter, sagte ihnen, wozu sie zu verwenden seien, und half ihnen wohl selbst die Wurzeln ausgraben. Auch darin ähnelt Rübezahl dem „Swantewit", der nach der Sage schlimme Krankheiten heilte. Eine andre Haupteigenschaft des slawischen Gottes, die Güte, die er den Armen und Bedrängten erwies, kennzeichnet in hohem Grade auch unsern Rübezahl. Da ist er stets mit seinen Steinen, Wurzeln und Blättern bei der Hand, die sich im Besitze der Begünstigten ganz unverhofft zu purem Golde verwandeln, nachdem der neckische Geist bereits wieder verschwunden ist. So singt auch ein Dichter zu Anfang uusres Jahrhunderts: „Allen Frommen war er gut, Linderte des Armen Qual. Thät die Reisenden begleiten, Ach, wo ist in unsern Zeiten Gab dem Hungrigen ein Mahl, Dieser brave Rübezahl?" Noch ein Punkt scheint mir der Erwähnung nicht unwert zu sein; es ist dies die auch vonhenelius angeführte Metamorphose des Rübezahl als ein edles Pferd (equus generosus). Diese Metamorphose weist deutlich auf „Swantewit" hin, da diesem Gotte in seinem Tempel zu Arkona ein geheiligtes weißes Roß unterhalten wurde, welches in wichtigen Fällen Orakel gab. — Ich gehe nun zu der mir am richtigsten erscheinenden Erklärung des Wortes „Rübezahl" über und führe zum Beweise, daß dieses Wort in früheren Zeiten ein Spitz- oder Schimpfname gewesen ist, an, daß nach dem alten Märchen das Aussprechen dieses Wortes stets die Veranlassung zu größten Zornaus- brüchen des Berggeistes gewesen ist. Rübenzahl oder Rübenschwanz ist aber ein und dasselbe; denn im schleichen Volksdialekte kommt heute noch das Wort „Zoal" für Schwanz vor, was viele bestätigen. Kutzner schreibt: „Wir meinen vielmehr, daß „zal" die ab und zu vorkommende Nebenform des althochdeutschen und mittelhochdeutschen Wortes Zagel, d. i. Schwanz, ist. So kommt als Spott- und Schimpfname noch „Sauzal" vor." Auch sind in den „Vergnügten und Unvergnügten Reisen in das Weltberuffene Riesengebürge" von Dr. Kaspar Lindner (1737) eine Menge Stellen enthalten, wo ohne weiteres Riebenschwanz oder Rübenzagel geschrieben ist. Soll es sich nun um die Erklärung des Wortes Ribe oder Rübe handeln, so würde ich allenfalls der Erklärung aus dem alt- deutschen Worte ruwi — rauh beitreten; doch halte ich diesen Behelf für durchaus nicht erforderlich, da Schimpfwörter in der Regel wenig Gewähltes an sich haben, und Rübenschwanz, also ein rübenartiger Schwanz, als Schimpfwort einer un- feinen Zeit zuzutrauen ist. Die Bezeichnung „Rauhschwanz" erscheint zu sehr er- künstelt. Da Rübezahl nach dem Berichte des Henelius in verschiedenen tierischen Gestalten sich zeigte, so ist die Wahl des Schimpfwortes nicht ohne Beziehung.
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