1884 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
168 Das Waldenburger Bergland.
Von Neuhaus kommen wir auf lieblichen Wegen nach dem Marktflecken
Charlottenbrunn, der, von1500 Einwohnern bewohnt, in einem sich gegen
die Weistritz öffnenden, waldreichen, romantischen Thalkessel gelegen ist. Seit
dem Ende des 17. Jahrhunderts ist der Ort als Badeort in Aufnahme ge-
kommen und wird wegen seiner vorteilhaften Lage und wegen der leichten Ver-
daulichkeit seiner erdig-alkalischen Eisenwasser von 6° E. besonders Brust-
kranken und nervenschwachen Personen empfohlen. Das Bad ist jährlich von etwa
1000 Kurgästen besucht. Die Einwohner leben entweder von der Bewirtung
der Kurgäste oder vom Garn- und Leinwandhandel, oder sie suchen in den
Bergwerken der Umgegend Beschäftigung. Alle Häuser gruppieren sich um den
Brunnen und bilden nach Süden zu eine Gasse. Die Charlottenquelle ist mit
einem Häuschen überbaut; hinter dem Badehause, in welchem die Eisenquelle
sprudelt, ist eine Kolonnade errichtet, die bei ungünstigem Wetter viel benutzt wird.
So lieblich und freundlich Charlottenbrunn von Natur ist, soviel ist für die
Besucher desselben durch die Kunst geschehen. In dieser Beziehung hat sich be-
sonders der im Jahre 1868 daselbst verstorbene Apotheker und Brunneninspektor
Dr. Beinert verdient gemacht; er hat den Karlshain angelegt, den eine Menge
Wege durchkreuzen, von welchen jeder zu irgend einem durch Steininschriften
bezeichneten, mit einer Statue oder einem Denkmale geschmückten Platz oder
einer mineralisch, geologisch oder botanisch interessanten Gruppe führt. Der
höchste Punkt der Anlage ist die Ludwigshöhe; ein vielbesuchter Platz ist Garves
Ruh, der so genannt ist nach dem Philosophen Christian Garve, der hier gern
verweilte. Nicht weit von diesem Platz stoßen wir auf das Beinert-Denkmal,
einen 33/4 m hohen Sandsteinobelisk, der dem verdienstvollen Bürger Charlotten-
brunns zu Ehren errichtet worden ist. Eine lohnende Partie von dem Badeorte
aus ist die nach dem Dorfe Kynan und der Kynsbnrg, die auch vielfach von
Schweidnitz aus unternommen wird.
Altwasser. Trotzdem Waldenburg mit dem nördlich gelegenen Altwasser
Eisenbahnverbindung hat, ist, weil der Waldenburger Bahnhof von der Stadt
entfernt liegt, der Verkehr auf den Fuß- und Fahrstraßen zwischen beiden Orten
fast noch lebhafter als der auf der Bahn. Altwasser ist durch seine kohlensäure-
haltigen, erdig-salinischen Stahlquellen und durch sein mildes Klima schon früh
als Kurort bekannt geworden und wird bereits 1357 als Antiqua aqua be-
zeichnet. Sieben Quellen, von denen der Oberbrnnnen schon 1646 gefaßt war,
der Luisenbrunnen erst 1357 erbohrt wurde, waren in ihrem Charakter einander
ähnlich und wurden zum Trinken und Baden benutzt. Jetzt macht Altwasser
auf den Namen eines Badeortes keinen Anspruch mehr; denn die Quellen sind
zum Teil versiegt, zum Teil unbedeutend geworden, weil der mit großem Fleiß
betriebene Bergbau immer mehr in die Tiefe gegangen ist. So versiegten 1869
der Georgsbrunnen und der Friedrichsbrunnen durch das weitere Abbauen der
Kohlenflötze. Früher bot Altwasser mit seinen Naturreizen seinen Kurgästen ein
stilles und gemütliches Leben; in den letzten dreißig Jahren ist die Physiognomie
eine wesentlich andre geworden. Die Einwohnerzahl hat sich verdreifacht, ist auf
8100 gestiegen und mußte ein eignes Kirchspiel bilden; auch eine katholische Kirche
ist erbaut und 1870 eingeweiht worden. Der Ort erscheint, namentlich an Sonn-
tagen, sast wie eine Vorstadt von Breslau; und an Wochentagen macht der Qualm