1884 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
234 Die schleichen Gebirgspässe und ihre Riegel.
Stellungen. Gegen 3 Uhr morgens am 23. Juni gaben vier Granaten das
Zeichen zun: Angriff. Von fünf Seiten zugleich griffen die Österreicher an.
Mit unwiderstehlicher Gewalt stürmten die von Laudon geführten Bataillone
gegen den linken preußischen Flügel, den der Oberst von Rosen kommandierte.
Seine Mannschaften wehrten sich rechtschaffen, kein Mann streckte das Gewehr,
es mußte den Gefangenen aus der Hand gerissen werden. Obgleich verwundet,
stellte sich Rosen an die Spitze des Bataillons und führte es gegen den vor-
dringenden Feind, aber er brach zusammen und wurde gefangen genommen.
Auch die andern Positionen wurden erobert. Am längsten hielt sich Fouque
selbst auf dem Galgenberge. Von drei Seiten schmetterten die österreichischen
Geschütze in die Preußen; Laudon ließ stürmen, aber viermal wurden feine
Truppen zurückgeworfen; es gelang ihnen nicht, die Preußen vom Galgenberge
zu vertreiben. Fouqui sah seine Truppen zusammenschwinden und beschloß,
weil auch die Munition zu mangeln anfing und feine Leute schließlich doch alle
zusammengehauen werden mußten, sich durchzuschlagen. Er selbst eröffnete den
Zug; es gelaug ihm, den Fluß zu überschreiten und die Höhe jenseit des-
selben zu gewinnen. Hier gedachte er, ein Viereck zu bilden und den General
Schenkendorff, der noch auf dem Galgenberg geblieben war, zu erwarten. Doch
bald wurde er umringt und seine Schar aufgelöst; nur eine Abteilung rettete
sich durch den Wald. Nach achtstündigem Kampfe hatten die Österreicher den
Paß erobert, den mit Recht eine Inschrift an einem dortigen Felsen „die
preußischen Thermopylen, 23. Juni 1760" nennt.
Fouque selbst wurde schwer verwundet; mit seinem unter ihm totgeschossenen
Pferde stürzte er zu Boden. Mehrere seiner tapfersten Soldaten versuchten ihn
zu retten, umringten ihn und fochten fo lange, bis sie neben ihm hinsanken. Der
General bekam noch zwei Säbelhiebe im Arm und im Rücken, und österreichische
Reiter wollten ihm eben den Todesstoß geben, als die seltene Treue seines
Reitknechtes Trautschke ihm das Leben rettete. Er warf sich auf seinen Herrn
und fing mit seinem Leibe alle die Hiebe auf, die diesem zugedacht waren, in-
dem er fortwährend schrie: „Wollt ihr denn den kommandierenden General
umbringen?" Dreizehn Säbelhiebe hatte er schon empfangen, als ein öfter-
reichischer Oberst herbeikam und seinen Leuten gebot, Einhalt zu thun. Der
bluttriefende Feldherr, der wie Leonidas gefochten hatte, wurde unter dem
Pferde hervorgezogen und den Ärzten übergeben. Auch Trautschke, der schwer
verwundet war, blieb bei seinem Herrn. Beide wurden wieder hergestellt.
Fouque ging mit den wenigen ihm übrig gebliebenen Soldaten in die Gefangen-
fchaft; er mußte bis nach Karlstadt in Kroatien wandern. Nach dem Frieden
kehrte er zurück und genoß wieder die innigste Freundschaft seines Königs bis
zu seinem Tode.
Es war mörderisch gekämpft worden, denn 2400 Preußen und 3000
Österreicher lagen tot oder verwundet auf dem Kampfplatz, 4000 Preußen
wurden gesangen genommen und nur 1500 entkamen glücklich bis Breslau.
Das arme Landeshnt gab Laudon wie eine eroberte Stadt der Plünderung
preis, wodurch nicht nur manches Menschenleben vernichtet wurde, sondern auch
der Stadt ein Schaden von 630 000 Thalern erwuchs.
Als Fouque auf dem Schlachtfeld mit Staub und Blut bedeckt unter feinem
Pferde hervorgezogen wurde, bot ihm der österreichische Oberst, der die