1884 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
240 Die schlesischen Gebirgspässe und ihre Riegel.
An den unterirdischen Gang, der beide Burgen verband, knüpft sich eine
liebliche Sage. Hans von Schweinichen auf Schweinhaus und Zedlitz von
Bolkobnrg lagen einst in schwerer Fehde miteinander, und der Schweinhäuser
wußte nicht, wie er seinem Gegner beikommen sollte. Da entdeckte er den Gang,
der zur Burg des Feindes führte und längst vergessen war. Er ließ auf die
Bolkoburg von einigen Mannen einen Scheinangriff machen, während er selbst
mit einer auserlesenen Schar durch den Gang gehen und im Innern des seind-
lichen Schlosses stehen wollte. Noch war er auf seiner unterirdischen Wanderung
nicht weit gekommen, als er auf eine eiserne Thür stieß, dieselbe öffnen ließ
und sich alsbald in einem Gemach befand, in der ein wunderschönes Mädchen
saß, das er als die seit drei Jahren verschwundene Tochter seines Gegners
erkannte. Während er noch mit der lieblichen Jungfrau sprach und erfuhr, daß
ihr Vater sie hier verborgen halte, um sie den Nachstellungen des Herzogs von
Schweidnitz zu entziehen, der sie zur Gemahlin haben wolle, stürzt von der
andern Seite durch eine andre Thür mit geschwungenem Schwerte der Ritter
von Zedlitz iu das Gemach und rennt gegen Hans von Schweinichen. Beide
kämpfen kurze Zeit miteinander, halten dann inne, sprechen sich aus, versöhnen
sich, und Hans heiratet die Jungfrau. So hatte die Fehde ein Ende, und der
Herzog von Schweidnitz mußte sich zufrieden geben.
Die Festung Glatz. Ein wie wichtiger Punkt die Festung Glatz ist, das
haben uns Friedrich Ii. und Maria Theresia gezeigt, diese, da sie alle nur
möglichen Anstrengungen machte, sich die Festung zu erhalten, jener, da er unter
keinen Bedingungen auf Glatz beim Frieden verzichten wollte. Schon im
10. Jahrhundert lag da, wo jetzt die Festung liegt, eine Grenzfeste der Böhmen
gegen die Polen, die den böhmischen Namen Kladsko führte. Der befestigte
Platz sollte die Umgegend mit ihrer Bevölkerung gegen feindliche Einfälle
schützen. Auf hohem Berge lag das Kastell oder Schloß, an das sich der Burg-
flecken an dem Abhänge des Berges anschloß, so daß auch dieser Flecken von
dem anstürmenden Feinde schwer genommen werden konnte und gegen die Über-
slutuugeu der Neiße durchaus sicher war.
Vermöge ihrer Bestimmung waren der Feste zu wiederholten Malen
knmmer- und verlustvolle Tage beschieden, denn oft wurde sie belagert, oft ein-
geschlossen. Eine Übergabe an den Feind erfolgte dreimal, nämlich 1622, 1742
und 1760. Schon im 11. und 12. Jahrhundert wurde Glatz von polnischen
Heerhaufen viermal (1010, 1049, 1056 und 1114) belagert, 1428 lagen die
Hussiteu vier Wochen hindurch vergeblich vor der Stadt, 1469 und 1470 ver-
wüsteten Breslauer Truppen Stadt und Umgegend.
Glatz im Jahre 1622. Schwere Tage sollte im Dreißigjährigen Kriege
das Jahr 1622 über Glatz bringen. Die Bewohner der Festung waren schon
im Jahre 1527 zum größten Teil zur lutherischen Kirche übergetreten. In
dieser lutherischen Stadt trotzte nach der feigen Flucht Friedrichs vou der Pfalz
der junge Graf Bernhard von Thnrn der Übermacht des Kaifers. Er besetzte
die Burg und zog einen Teil der in Oberschlesien zersprengten protestantischen
Scharen an sich. Im festen Einverständnis mit der Bürgerschaft machte er
unaufhörliche Ausfälle und Streifzüge in die umliegeude Gegend und füllte zu