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1. Bilder aus dem Gebirge und Berglande von Schlesien und den Ebenen in Posen von der Oder bis zur Weichsel - S. 395

1884 - Leipzig : Spamer
Die Polen. 395 verdankte. Der Bauer weiß, daß der Adel das Land zu Grunde richtete, und deshalb sang er auch schon bald nach 1772 vom Adel: Jeder Versuch zur Aufreizung findet im polnischen Bauer einen sehr nn- empfänglichen Boden. Die Masse der Polen gehört also keineswegs zu den unruhigen, stets zu Revolutionen geneigten Unterthanen Preußens. Zu den beklagenswerten Unruhestiftern gehört in der Provinz Posen nur ein äußerst geringer Teil der polnischen Bevölkerung, der es sich aber — leider — zur Lebensaufgabe gemacht zu haben scheint, die an Zahl vielleicht das Zweihundert- fache überwiegende Masse seiner Landsleute durch beständige Aufstachelungen zum Treubruch gegen den Herrscher, ja bis zur Revolution zu treiben; der gleichzeitig an das wenig unterrichtete Ausland seinen Schmerzensschrei richtet, der sich unglücklich und grausam unterdrückt nennt, um Mitleid, womöglich thätige Teilnahme zu erregen. Diese Unruhestifter gehören meistens dem Adel an, einige sind Litteraten und einige Bürger kleiner Städte. Wollte man die Unzufriedenen zählen, so würde man vielleicht 2000 Seelen finden, die in Preußen noch für die Wiederherstellung des Polentums schwärmen — und diese wenigen Menschen wagen es unausgesetzt, mit den maßlosesten, durchaus unberechtigten, ja völlig ungesetzlichen Ansprüchen der Regierung und dem Träger der Krone entgegenzutreten. Der polnische Edelmann (es gibt natürlich auch ehrenvolle Ausnahmen) sehnt sich zurück nach den polskie czasy, nach den polnischen Zeiten, in denen der Grundbesitz seines Vaters viel größer war als jetzt der seinige, in denen es noch keine freien Bauern gab; er haßt die neue Regierung, die allein sein Herunterkommen verschuldet hat, weil sie allen Wohlstand von Gesetz und Ord- nuug, von Fleiß und Mäßigkeit abhängig macht. Als 1848 ein adliger Frei- heitsapostel in einen Krug kam und einen alten Mann für die dawna Polska, für das alte Polen zu begeistern suchte, da öffnete dieser das Hemd und mit den Worten „dzgkujg, pan, za waszq, wolnosc, ich danke, Herr, für Eure Frei- heit" zeigte er ihm die vielen Narben der Wunden, die ihm einst der Kurbatsch des Woiwoden geschlagen hatte. — Damals behauptete auch der polnische Bauer Pruszak und rief seinen Landsleuten zu: „Nicht eher wird in Polen Ruhe werden, bevor nicht alle Edelleute hängen!" — Im Jahre 1859 schrieb ein polnisches Blatt: „Der Adel ist der Feind des Volkes, der die Thränen und das Blut des Volkes trinkt, der zuerst aus dem Wege geräumt werden muß?" Ju den ersten Jahren nach der preußischen Besitzergreifung von 1315 folgte eine gewisse Abspannung auf die Anstrengungen und Enttäuschungen der napoleonischen Zeit. Man hatte genug des politischen Haders und freute sich des friedlichen Gedeihens und Aufblühens der Provinz unter dem neuen Regi- ment. In Posen entwickelte sich eine wahrhaft glänzende Geselligkeit, zu welcher der Statthalter Fürst Autou Radziwill das Beispiel gab, an welcher der pol- nische Adel und das preußische Beamtentum und Militär gleichmäßig teilnahmen. Die liebenswürdigen Eigenschaften der Polen, der Luxus des Adels verliehen dieser Geselligkeit einen hohen Reiz; Deutsche und Polen drehten sich gemeinsam „Panowie! Panowie! Coscie mieli wglowie Zescie nas zdradzili I kraj swöj zgubili?" „Ihr Herren! Ihr Herren! Was hattet ihr im Kopfe, Daß ihr uns verrietet Und unser Land verspieltet?"
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