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1. Bilder aus dem Gebirge und Berglande von Schlesien und den Ebenen in Posen von der Oder bis zur Weichsel - S. 464

1884 - Leipzig : Spamer
464 Im Regierungsbezirk Bromberg. Em Jahr lang dauerte Twardowskis Glück. Dann änderte sich die Ge- sinnung der Agnes; Stolz und Herrschsucht machten sich immer mehr bei ihr bemerklich; auch gab sie sich keine Mühe, ihre Gleichgültigkeit gegen Twardowski, der sie noch immer leidenschaftlich liebte, zu verbergen. Ja der Meister mußte sich sogar überzeugen, daß seine Frau ihm untreu war: er überraschte sie mit ihrem Geliebten, als sie den Gatten fern glaubte, und hörte, wie sie ihrem Liebhaber sagte, daß sie Twardowski nie geliebt, daß sie ihn nur der Stellung halber geheiratet und bisher ihre Rolle gut gespielt und sich einen Vogel ge- fangen habe, der nun sicher und ruhig im Käfig sitze. Bei solchen Gesprächen überraschte Twardowski das Paar. Den Liebhaber des untreuen Weibes ver- wandelte er in die Gestalt eines räudigen Hundes und sagte ihm, alle Welt werde ihn mit Steinwürfen und Stockschlägen jagen. Agnes wurde deshalb von ihm verstoßen mit den Worten: „Hebe dich aus meinem Hause hinweg! Auf den Straßen magst du dein Brot erbetteln; gehe, versuche das Elend und koste die Not!" Die Diener eilten herbei und schafften die Jammernde zum Hause hinaus. Jahre vergingen, Twardowski ergab sich dem wüsten Leben und verachtete das weibliche Geschlecht, von dem er glaubte, daß es wahre Liebe nicht kenne. Einst fuhr er in seinem Wagen durch die Straßen von Krakau und über einen Platz fort. Da bemerkte er auf dem Platze die Bude einer Töpferin, und plötzlich erkannte er in dem bleichen, abgehärmten Gesichte seine verstoßene Gattin. Ein schmutziges, zersetztes Kleid schlotterte um den verfallenen Leib; ihre einst so schönen Augen waren in den Höhlen zurückgetreten, ihr Haar flatterte wild um die Stirn, die Lippen waren farblos und dünn. Zu ihren Füßen lag der häßliche, graue Hund — einst ihr Geliebter, jetzt ihr treuer Wächter, den sie aus Erbarmen vor dem Verhungern schützte. Der Meister erglühte in seinem Zorn und sein Rachegefühl erwachte. Er fuhr mit seinem Wagen durch die Töpfe, daß sie in Scherben gingen, und der Jammer des Weibes und des Hundes Geheul waren Musik für seine Ohren. So oft er an der Bude der Händlerin vorbeifuhr, wiederholte er diesen Akt der Rache, bis das Weib sich eine andre Stätte suchte, um ihr Leben kümmer- lich zu fristen. Der Rest von Twardowskis Leben war voll von Bitterkeit und Trauer. Zum zweitenmal war er alt geworden, ihn erfreute weder die Welt noch die Wissenschaft. Trübsinnig, schweigsam, gesenkten Hauptes, mit eingefallenem Antlitz ging er einher und war die Zielscheibe des Volkswitzes. Er verzichtete aus die Freuden des Lebens, und seine Frennde und Anhänger zogen sich von ihm zurück. Nur sein Diener Matthias war ihm in der Gestalt einer Spinne treu geblieben. Dennoch wollte der Greis noch leben und mied deshalb die Alpen, um nicht nach Rom zu gelangen; denn nur in Rom konnte ihn der Teufel holen, Twardowski aber hatte sich vorgenommen, die List der Hölle zu überlisten. Endlich wurde der Teufel unmutig und aller der Dienste über- drüssig, die er fast stündlich seinem Gebieter leisten mußte und die sich in alle Ewigkeit schienen fortsetzen zu wollen. Er greift zu einer List, nimmt die Ge- stalt eines Dieners an und bittet den Herrn Twardowski als berühmten Arzt, seinem todkranken Gebieter zu Hilfe zu eilen. Dieser, gutmütig, arglos und gern zu Helsen bereit, wirft sich sogleich in seinen Wagen und jagt nach dem bezeichneten Orte. Der Teufel aber wußte es einzurichten, daß plötzlich eine
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