1882 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Friedel, Ernst, Lüders, Hermann, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von, Schwebel, Oskar
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
288 Der nördliche Landrücken des Tieflandes.
verzierten Giebeln! Daß es in einem solchen Schlosse an herrlichen Werken alter
Kunst, an lebensgroßen Ahnenbildern, welche die mannichsachsten geschichtlichen
Erinnerungen erwecken, nicht fehlt, ist wol selbstverständlich. Ein Bildniß
freilich des größten Mannes, der ans diesem Hause hervorgegangen ist, des
sächsischen Generalissimus Hans George von Arnim, suchten wir vergebens.
Unter den Führern der deutschen Heere während des wilden Dreißigjährigen
Kampfes ist er der maßvollste, der sittenstrengste gewesen; seine Zeitgenossen
haben ihn den „lutherischen Kapuziner" genannt. Wie er, so haben mich die
späteren Söhne seines Hauses ihre Namen in die Tafeln der Geschichte ein-
getragen, weniger indessen als Feldherren denn als Staatsmänner und Be-
rather ihrer Köuige.
Nicht uninteressant sind die Jnventarien, welche uns aus alter Zeit über
den Nachlaß der Boitzenburger Schloßherren erhalten geblieben sind; sie lassen
uns einen kulturhistorisch sehr bedeutsamen Blick in das Leben des märkischen
Adels vergangener Jahrhunderte thun.
So hinterließ der Hofmarschall Kurt von Arnim im Jahre 1576: drei
große goldene Ketten, darunter eine vier Pfnnd schwer, welche ihm der Kur-
fürst von Sachsen verehrt hatte, sammetne Koller und Pulvertaschen, — an
Büchern: die Bibel, eine Kosmographie, die Kirchenpostille Lnther's, einen
„Trostspiegel", ein „Kräuterbuch", einige neue Testamente. Unter seinem
Silbergeschirr befanden sich dreizehn vergoldete Becher. In der Harnisch-
kammer lagen: fünfzehn Harnische, zwölf Sturmhauben, ein Turnierharnisch,
drei Köcher, eine Pulverslasche mit Silber, vier Schwerter, sieben Roßsterne
und eine Menge Rappiere, darunter eins „mit Silber eingesetzet". Als im
Jahre 1616 wieder Inventur gemacht wurde, befanden sich in einer der
Stuben auf dem Uuterhause der Boitzenburg, d. h. jenem Theile des Schlosses,
welcher jetzt neu erbaut ist, 37 Rehköpfe mit Geweihen; ein vier- und ein fünf-
armiger messingener Kronleuchter hingen in anderen Stuben.
Folgende Bilder auf Leinwand waren vorhanden: das jüngste Gericht,
der Baum des Lebens, Jagden und heidnische Darstellungen. Die Tische und
Bänke waren weiß. In der „blanken Stube" über der „Hofstube" hingen
dreizehn kurfürstliche und fürstliche Konterfeis, die „spanische Inquisition" und
der Gekreuzigte. Die Wände waren mit grün- und schwarzgewirkten Dar-
stellnngen beschlagen. Hier war ein guter eiserner Ofen, während sich sonst
nur Kachelöfen vorfanden, „dabei ganz gemeine Tische und Bänke standen".
In der Stube des Herrn Landvogt Hans von Arnim sah man nur
eiuen sehr alten Kachelosen, einen alten Stuhl, mit grünem Tuch beschlagen,
einen kleinen Schiefertisch, einen weißen Tisch, eine weiße Lehnbank und ein
verschlossenes Spinde.
Schloß Boitzenburg hat uns wie eine interessante Illustration das Leben
des höheren märkischen Adels in alter und in neuer Zeit vor Augeu geführt.
Wir haben aus dem mecklenburgischen Grenzwalle aber noch eine andere Stätte
zu besuchen: es ist der Horst eines jungen königlichen Aares, es ist das mit
der Friederieianischen Zeit unlöslich verbundene Rheinsberg.