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1. Bilder aus der Mark Brandenburg, vornehmlich der Reichshauptstadt - S. 456

1882 - Leipzig : Spamer
456 Brandenburgische Kleinstädte und ihre Merkwürdigkeiten. Von dem platanenreichen Schloßgarten umgeben, erhebt sich der alte, nicht eben zierliche Bau als ein Stück Vergangenheit mitten in dem reichbewegten Leben der Gegenwart; — durchwandern wir denn einmal dies Jagdschloß des Soldatenkönigs, der hier am 3. November alljährlich das Hubertusfest und am 11. September den Jahrestag der Schlacht bei Malplaquet zu feiern Pflegte, der ersten, welcher er persönlich beigewohnt hatte! Durch ein Portal, das von Amoretten mit Laubgewinden umzogen wird, treteu wir in einen Treppenthurm, aus welchem uns eine kleine Wendelstiege in das hohe Parterre des Schlosses hinaufführt. Wir durchschreiten die Jagd- halle, in welcher ein prächtig ausgestopfter Bär steht und welche Friedrich Wilhelm I. einst mit den Geweihen selbstgeschossener Hirsche geschmückt hat. Das Wohnzimmer des Königs zeigt uns einen herrlichen Schlüterschen Kamin und eine Anzahl von Porträts, welche der König nach seiner Gewohnheit „in tormentis" gemalt hat, d. h. wahrend die Gichtschmerzen ihn plagten. Höheren Kunstwerth freilich als diese schnell hingeworfenen Malereien haben jene hollän- difchen Kabinetsstiicke, denen wir hier und dort im Schlosse begegnen. In dem geräumigen, von einer Säule getragenen Speisesaale befinden sich gleichfalls eigenhändig gemalte Bilder des Königs. Das ist die Stätte der grotesken Feste Friedrich Wilhelm's I.; an dieser Tafel saß er am 11. September mit all den alten Haudegen von Generalen, welche uuter Prinz Eugen und Marlbo- rongh die großen Schlachten des spanischen Erbfolgekrieges geschlagen hatten. Wenn dann dem Rhein- und Ungarweine tüchtig zugesprochen war und die Wolken des würzigen holländischen Tabaks die Deckengemälde des Saales ver- hüllten, dann nahm wol der König den alten General von Pannewitz, welcher aus der Schlacht von Malplaquet noch eine tiefe Narbe im Gesicht trug, au die Hand und begann mit ihm unter dem Horngeschmetter der Piqueurs zu lautem Jubel der Anwesenden den Tanz. In den anderen Zimmern des Par- terres finden wir das sandsteinerne, fast trogähnliche Waschbecken des Königs, eine Menge von Hirschgeweihen, darunter eine Nachbildung jenes 66-Enders, welchen Kurfürst Friedrich Iii. im Jahre 1696 im Amte Biegen erlegt hatte und dessen Geweih Friedrich Wilhelm I. an den Kurfürsten August von Sachsen gegen eine Kompagnie großer Grenadiere vertauschte. Entschieden noch Werth- voller als die holländischen Gemälde des unteren Stockwerkes sind die Bilder des oberen, darunter ein Tizian (Patrizierbildniß), Tintoretto's und van Dyck's. Hier, im oberen Stockwerke, befindet sich auch das Zimmer des Tabakskolleginms. Auf dem schweren, eichenen Tische vor uns stehen antike und moderne Bier- krüge; der grobgeschnittene Tabak liegt auf einer großen Porzellanschale vor uns. Wie lebendig versetzen uns all diese Ausstattungsgegenstände, welche von Schloß Cossenblatt hierher gebracht worden sind, in die Zeit des mann- haften und großen Friedrich Wilhelm! Zumal, weun wir dies Zimmer in der Dämmerung eines Herbstabends betreten! Jeden Augenblick erwarten wir dann die Flamme im Kamin auflodern zu sehen; draußen vor dem Schlöffe wird die Jagd abgeblasen, und nun kommen sie, die Genossen der königlichen Jagd! Wie dröhnt die Treppe uuter den schweren Reiterstieseln! Auf zum Kollegium! Die Lakaien legen die Kohlen für die Pfeifen zurecht, daneben die silberne Zange — einer von ihnen füllt die hohen Humpen mit Bernaner Bier — dann treten sie achtungsvoll zurück. Jetzt kommen die Herren; —
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