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1. Bilder aus den deutschen Alpen, dem Alpenvorlande und aus Oberbayern - S. 29

1878 - Leipzig : Spamer
Zustand des Reichs nach dem Dreißigjährigen Kriege. Die ideale Begeisterung, welche das deutsche Volk im Jahrhundert der Reformation erfüllt hatte, war während des langen Krieges vollständig er- loschen; das religiöse Interesse mußte beim Friedensschlüsse hinter politischen^ territorialen und dynastischen Rücksichten zurücktreten. Die einzige Errungen- schast, die Glaubensfreiheit der Protestanten, wurde diesen durch die innerhalb der Kirche herrschende Spaltung zwischenlntheranern und Reformirten, zwischen „Rechtgläubigen" und „Frommen" verkümmert. Das Reich überdauerte die Stürme des Krieges nur als eine Ruine. Nach außen erlitt es Einbuße durch deu Verlust von Ländern am Oberrhein und an der Ostsee (ein Theil des Elsaß an Frankreich, der größte Theil von Pommern, Rügen, Wismar, Bremen und Verden an Schweden); seine Grenzen blieben schutzlos deu Raubeiusällen Ludwig's Xiv. preisgegeben, welcher die Zerrissenheit Deutschlands zu neuen Eroberungen für Frankreich benutzte (Straßburg 1681). Im Innern erhoben sich die Fürsten mit landeshoheitlichen Rechten und mit mehr Herz für ihren Hausstaat, als für des Reiches Ehre und Größe. Das Haus Habsburg selbst, bei welchem die Kaiserkrone seit zwei Jahrhunderten (seit 1438) verblieben war, erschien sast als eine fremde Macht im Reiche und die Kaiserwürde nur noch als ein herkömmlicher, bedeutungsloser Titel. Der Gedanke, daß Alle nur Glieder eines Körpers seien und daß nur im Zusammenwirken ihre Macht läge, war verloreu gegangen, und es bildete sich eine Menge von kleinen Staaten ohne Gemeinsinn und ohne politisches Band. Das mittelalterliche Lehusweseu hatte sich überlebt, das Ritterthum in- folge der veränderten Bewaffnung seit Anwendung des Schießpulvers seil: Vorrecht als kriegerischer Staud verloreu. Die Fürsten behielten die während des Krieges geworbenen Heere auch nachdem Kriege als stehende Sold- truppeu bei und schuseu sich damit zugleich eine Waffe, um die Freiheiten des Adels und der Städte zu brechen. Der Adel, der an seinen zerstörten Burgeu keiu Behagen mehr fand, zum Theil auch verarmt war, suchte Dienste bei den Höfen oder in den Soldheeren der Fürsten. Unter den Städten verloren viele ihre alte Reichssreiheit und Selbständigkeit an die Landesfürsten. Die alten Reichsstädte, deren Bedeutung für den Handel noch mehr durch den langen Krieg, als dnrch die Verlegung der Handelswege gelitten hatte, wurden durch die fürstlichen Residenzstädte überholt. An jedem der kleinen Höfe gab es eine Schar von Beamten, Rüthen und Schreibern; jeder der kleinen Fürsten hatte ein stehendes Heer für sich, die erhöhten Abgaben dafür sielen der Bevölkerung zur Last. Diese Kleinstaats- bildungen wurden noch bedenklicher, als die Fürsten, das Beispiel des Ver- sailler Hofes nachahmend, in Glanz und Ueppigkeit ihrer Hofhaltungen eiu- ander zu überbieten suchten. Beklagenswerther als die Zerstörung des nationalen Wohlstandes, die Verödung der Dörfer und Fluren, die Vernichtung des Handels und die Lösung der politischen Bande war die Veränderung, welche in Sitten und Charakter des Volkes vor sich giug. Erloschen war jener altgermanische Zng, welcher den Deutschen in seinem Kaiser den Schützer der Gemeinfreiheit erblicken ließ, erloschen die mauuhafte Treue, mit welcher er sich aus freiem Herzensantriebe
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