1. Bd. 1
- S. 91
1874 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Völkerkunde?
- Geschlecht (WdK): Jungen
24. Serbien und die Serben. 91
Schwarzen Meere und bis zur Maritza anerkannt ward. Dieser Fürst nahm
den Kaisertitel an und sein Bündniß und seine Hülfe wurden durch die
mächtigsten Souveraine Enropa's gesucht. Dies war indeß der Glanz, der
dem Fall vorhergeht. Schon der Sohn und unmittelbare Nachfolger des
Stephan Duschan, Uzrosch, verlor ganz Rumelien an den Sultan, und später
wurden die Grenzen Serbiens Schritt für Schritt verengt, bis endlich 1399
ein entschiedener Versuch gemacht ward, dem Vordrängen der mohammedanischen
Macht zu widerstehen. Unter Czar Lazar, dem regierenden Fürsten Serbiens,
wurde auf der Ebene von Eossowo (Amselfeld) in Albanien eine Schlacht
geliefert, welche das Schicksal des Landes entschied. Durch den Venrath
eines der Oberbefehlshaber der serbischen Armee gelang es den Türken, den
Sieg zu gewinnen und die serbische Macht zu vernichten. Wiewohl die Form
einer unabhängigen Monarchie kurze Zeit noch bewahrt und Serbien durch
einen eigenen Fürsten beherrscht wurde, so ward doch das ganze Land der
Pforte tributpflichtig gemacht, bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts selbst
die äußere Form der Unabhängigkeit verloren ging, und Serbien dem Namen
und der Wirklichkeit nach eine türkische Provinz wurde. Im Jahre 17 t?
belagerte und eroberte Prinz Eugen von Savoyen an der Spitze einer öfter-
reichifchen Armee Belgrad und besetzte ganz Serbien, so daß im nächsten
Jahre durch den Frieden von Poscharevatz das Land von den Türken form-
lich an Oesterreich abgetreten werden mußte. In dem Kriege zwischen der
Türkei und Oesterreich 1739 gewannen erstere das Land zurück und durch
den darauf folgenden Friedenstractat wurde der Besitz von Belgrad den
Türken garantirt.
So lange die Autorität des Sultans bei den verschiedenen Unterbeamten, •
welche bestimmt waren, die Angelegenheiten der eroberten Provinz zu ver-
walten, noch etwas galt, und die Befehle der Centralregierung in Constan-
tinopel noch getreu ausgeführt wurden, war der Zustand der Christen in
Serbien hart, doch nicht unerträglich. Wiewohl ihnen die Freiheit des offenu
lichen Gottesdienstes gänzlich verweigert ward, so konnten sie sich doch in
Gebirgshöhlen und in der tiefen Einsamkeit der Wälder versammeln; in
einigen Dörfern gestattete man sogar stillschweigend das Dasein und den
Gebrauch einer niedrigen Hütte zur Ausübung des christlichen Gottesdienstes.
Das harte Loos der christlichen Unterthanen des Sultans ist stets daher ge-
kommen, daß die Centralbehörde in Constantinopel nur wenig wirkliche
Autorität im türkischen Reiche hatte. Am Ende des vorigen Jahrhunderts
waren die Paschas von Widdin und Belgrad die Vertreter des Sultans in
Serbien, leisteten ihm aber nur dem Namen nach Gehorsam. Unter diesen
Paschas beraubten und mißhandelten die Truppen aufrührerischer Janitscha-
ren die unglücklichen Einwohner. Die schrecklichsten Grausamkeiten wurden
täglich verübt, um den Besitz des Eigenthums der Bauern und den Gebrauch
ihrer Frauen zu erlaugen, während auf jede Beschwerde, welche den Hof