1. Bd. 1
- S. 118
1874 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Völkerkunde?
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Iii. Länder- und Völkerkunde. A. Europa.
raden bezeichnete, welche als Fortsetzung der thesialischen Halbinsel Magne-
sia, beziehentlich der Ostküste der Insel Euböa zu betrachten ist, und eine
nördlichere, die Inseln Lemnos, Thasos, Samothrake, Jmbros und Tenedos
umfassende, welche jenseit der Nordgrenze von Hellas und daher außerhalb
der Grenzen unserer Darstellung liegt.
Gegen Süden endlich wird die ostgriechische Inselwelt abgeschlossen durch
die gleichsam auf dem Kreuzwege zwischen Europa, Asien und Afrika gelegene
Insel Kreta, die zu keiner der bisher betrachteten Gruppe gehört, sondern
den Mittelpunkt und das bedeutendste Glied einer besondern Jnselreihe bildet,
welche, wenn man sich die Lücken zwischen den einzelnen Gliedern und den ent-
sprechenden Vorsprüngen der Continente ausgefüllt denkt, als ein gewaltiger,
von der Südostspitze Lakoniens bis zur Südwestspitze Kleinasiens reichender
halbkreisförmiger Damm zwischen dem mit Inseln gleichsam besäeten Aegäischen
Meere oder, wie wir mit einem trotz seiner griechischen Form den classischen
Sprachen ganz fremden Ausdrucke zu sagen Pflegen, dem griechischen Archipel
und dem inselfreien Mittelmeere erscheint.
Politisch sind diese Gruppen, abgesehen von den Zeiten der römischen,
byzantinischen und türkischen Herrschaft, unter der sie wenigstens verschiedenen
Provinzen, Thematen oder Sandschaks angehörten, niemals zu einem einheit-
lichen Ganzen verbunden gewesen. Die südlicheren standen in der frühesten
Periode der griechischen Geschichte, welche die Tradition als die der kretischen
Thalassokratie bezeichnet und an die mythische Persönlichkeit des Minos knüpft,
unter der Herrschaft von Kreta, dessen Flotte die karischen Seeräuber, welche
sich aus den meisten dieser Inseln eingenistet hatten, verjagte und dieselben
dadurch zuerst für hellenische Niederlassungen zugänglich machte.
Zur Zeit der athenischen Seeherrschaft gehörten fast sämmtliche ostgrie-
chische Inseln, die meisten aus freiem Entschluß, einige, wie namentlich
Melos, durch Zwang der athenischen Symmachie an; eine nicht geringe An-
zahl derselben trat auch dem (378) erneuerten Bunde von Seestaaten unter der
Leitung Athens bei. Nach der Auflösung auch dieses Bundes kamen die
Inseln unter die Herrschaft theils der macedonifchen, theils der ägyptischen
Könige, wurden dann durch die Römer befreit und größtentheils für autonom
erklärt, bis Vespasian sie als römische Provinz mit Rhodus als Hauptort
constituirte. Bei der Theilung des römischen Reiches wurden die kurz vorher
durch Raubzüge der Gothen heimgesuchten Inseln der östlichen Reichshälste
zugetheilt. Nach der Eroberung von Constantinopel durch die fränkischen
Kreuzfahrer (1204) fielen sie bei der Theilung der Beute unter die Abend-
länder der Republik Venedig zu. Diese aber überließ die Eroberung der
damals zum Theil von Piraten besetzten Inseln, welche dem Staate unver-
hältnißmäßig große Opfer auferlegt haben würde, venezianischen Privatleuten.
Im Jahre 1579 fielen die Inseln des Aegäischen Meeres (mit Ausnahme von