1. Bd. 1
- S. 227
1874 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Völkerkunde?
- Geschlecht (WdK): Jungen
63. Herculaneum und Pompeji.
63. Herculaneum und Pompeji.
(Nach A. L. I. Michelsen, Pompejis
Das alte Pompeji, am Fuße des Vesuvs, drei Meilen von Neapel ge-
legen, war Jahrhunderte lang eine unbedeutende Provincialstadt, bis es
unter Augustus ein ansehnlicher Handelsplatz wurde. Mau hatte in Rom
die Wichtigkeit des vorzüglichen Hasens, der selbst große Kriegsschisse auszu-
nehmen vermochte, damals vollständig erkannt. Pompeji wurde nun durch
neue Ansiedluugen so vergrößert, daß es seit der Zeit des Augustus als
eine Neustadt betrachtet werden konnte. Die Stadt stand in höchster Blüte
des Reichthums, als plötzlich über sie und mehrere ihrer Nachbarstädte das
furchtbare Verhängniß hereinbrach. Am 24. August 79 n. Chr. begann der
erste und zugleich verderblichste Ausbruch des Vulkans, von dem die Ge-
schichte weiß, und dauerte volle drei Tage. Fünf Städte in seiner Umge-
bung wurden verschüttet, darunter Pompeji und Herculaneum, jenes durch
Schutt und vulkanische Asche, dieses, tiefer gelegen, durch eiuen Lavastrom.
Wir haben eine lebendige Schilderung des grausenhaften Ereignisses von
dem jüngeren Plinius, dem Neffen des Naturforschers Pliuius, der dabei
seinen Tod fand, in Briefen an den Historiker Tacitus, der eine zuverlässige
Nachricht über die Katastrophe erbeten hatte, um sie bei der Abfassung seines
Geschichtswerkes zu benutzen.
Der Schauplatz, wo die Pompejaner eben versammelt waren, als das
Verderben hereinbrach, ist ohne Zweifel das Amphitheater gewesen, welches
am östlichen Ende der Stadt liegt. Die versammelte Menge konnte hier sich
sofort zur Stadt hinausflüchten, aber Hab und Gut wurde in den Häusern
zurückgelassen. Siebenzehn Jahrhunderte ruhten Pompeji und Herculaneum
im Grabe. Man kannte nicht einmal genauer ihre Stätte. Auf der von
Pompeji grünten Reben und Obstbäume; auf dem Grabe von Herculaneum
stehen zwei Städte, Resina und Portici. Vor reichlich hundert Jahren führte
der Zufall zur Wiederentdeckung. Auf das Gemäuer von Pompeji stieß
zuerst ganz unerwartet ein Bauer bei der Bearbeitung seines Weinberges.
In Herculaneum wurden bei dem Graben eines Brunnens, ^vobei man
mitten in das Theater kam, antike Marmor- und Mosaikböden und bald auch
mehrere Statuen entdeckt. Die neapolitanische Regierung nahm alsbald die
Ausgrabung unter ihre Leitung. Aber so leicht die Ausgrabung verhältniß-
mäßig bei Pompeji, so schwierig und selbst gefährlich ist sie bei Herculaneum;
denn jenes ist nur durch vulkanische Asche verschüttet, bis auf die Tiefe von
etwa 5—6 Meter; dieses dagegen durch Lava, welche so eisenhart ist, daß sie dem
Stahl widersteht, und meistens in einer Tiefe von 15, 25, 30 Meter. Von
jenem liegt denn auch jetzt über ein Dritttheil der alten Stadt offen vor
uns in ebener Fläche, so daß man durch 20 Straßen und über drei Markt-
15"°