1. Bd. 1
- S. 347
1874 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Völkerkunde?
- Geschlecht (WdK): Jungen
101. Nord- und Süddeutschland.
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ist in Norddeutschland das Hauptgetreide, in Süddeutschland hat der Weizen
mehr das Uebergewicht.
Wenn man sowohl die wilde Naturflora als die Culturflora Süddeutsch-
lands im Vergleich zu der des Nordens als mannichfaltig bezeichnen muß,
so herrscht dagegen in der Flora Norddeutschlands, eben so wie in seinem
Klima, eine große Einförmigkeit, und in den Verbreitungskreisen der Pflan-
zen ein großartiges Umsichgreifen. Weit wuchernde, gesellige Haidekräuter
und Moorpflanzen, große, massenhaft zusammenhangende Wälder und Ge-
holze von Buchen, Tannen, Eichen, ebenso weit um sich greifende Wiesen
(in den Marschen, in Pommern :c.) und ganze, bloß mit Kornwuchs gefüllte
Landschaften von vielen Meilen im Umfange sind die charakteristischen Züge
des Anblicks, den die Vegetation Norddeutschlands gewährt. Während in
Süddeutschland Alles abgestuft, bunt, parcellirt ist, erscheint hier Alles mehr
massenhaft, vergesellschaftet. Man kann Eiche und Buche als charakteristische
Bäume von Norddeutschland, nicht so von Süddeutschland bezeichnen.
Auch in der Thierwelt gibt es Erscheinungen genug, welche dem
Norden oder Süden Deutschlands entweder nur allein oder nur Vorzugs-
weise angehören, und zwar gilt dies sowohl von den wilden als von den
gezähmten. Während die Alpen einzelne Thiergattungen beherbergen, welche
man im Norden gar nicht kennt, so das Murmelthier, den Steinbock, die
Gemse, kommen im Norden noch einige große Vierfüßer vor, die im Süden
unbekannt sind, z. B. das Elenthier in Ostpreußen. Die Vierfüßer, die
der Mensch fast überall zähmte und in seinen Haushalt aufnahm, sind im
Norden und Süden ebenfalls auf verschiedene Weise verbreitet. Die Ziegen,
die Esel und Maulesel sind im Süden häufiger als im Norden. Die Schafe,
insbesondere auch die Zucht der feinen Merinoschafe, sind häufiger im Nor-
den (Pommern, Sachsen und Schlesien) als im Süden. Die Hauptländer
für deutsche Pferdezucht liegen im Norden (Ostpreußen, Holstein, Mecklen-
bürg, Hannover). Die Schweinezucht wird am meisten im Norden, im
Buchen- und Eichenlande (z. B. Sachsen und Westfalen) betrieben. — Unter
den wilden Vögeln gibt es viele, die bloß im Norden vorkommen. Die
wilden Gänse und Schwäne erscheinen fast nur auf den nördlichen Seen:
die wilden Enten wandern in großen Massen fast nur längs der Meeresküsten
und längs der großen Ströme und der wässerigen Niederungen des Nordens.
Ueberhaupt sind alle Gattungen Wasservögel im Norden häufiger und für
ihn charakteristisch. Die Reptilien dagegen und manche Arten von Jnsecten
und Würmern, Schlangen, Eidechsen, Frösche und Schnecken sind im Süden
häufiger als im Norden. Die Wanderheuschrecken erscheinen in Süd-
deutschend zuweilen, in Norddeutschland fast nie; die Bienenzucht wird
großartig fast nur in den Haidegegenden Norddeutschlands betrieben, die Zucht
des Seidenwurmes umgekehrt einigermaßen bedeutend nur in Süddeutsch-
land. Der Reichthum an Fischen bildet einen der Hauptunterschiede von