1. Bd. 1
- S. 454
1874 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Völkerkunde?
- Geschlecht (WdK): Jungen
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in. Länder- und Völkerkunde. A. Europa.
wenn „Gesandtentag" war, oder bei großen festlichen Auffahrten des diplo-
matischen Corps u. s. w. In der alten, ehemals gefürsteten Reichsabtei
von Sanct Emmeran wohnte die Familie Thurn und Taxis und in dem
alten Kreuzgange ruht des h. römischen Reiches letzter Oberpostmeister (fl871),
dessen Amt das Reich selbst um volle 60 Jahre überlebt hat.
cc. Oesterreich-Ungarn.
144. Geschichtliche Bedeutung der Donau.
(Nach I. G. Kohl, Skizzen aus Natur- und Bölkerleben.)
Von allen Flüssen Europa's hat keiner eine so merkwürdige Rolle in
der Geschichte gespielt, wie die Donau, welche Napoleon „den König der
Flüsse" nannte. Es gab wenige große Bewegungen unseres Continents,
wobei die Donaugebiete nicht betheiligt gewesen, wobei sie nicht selbst eine
Rolle gespielt hätten. Aus dem versteckten Quellengebiete drangen celtische
Völker längs der Donau herab bis tief nach Griechenland und zu den Län-
dern am Schwarzen Meere, zu denen die Donau hinwies. Die Römer be-
stimmten ^sie zum Grenzgraben ihres Reiches. Sie waren die Ersten und
blieben auch bisher die Einzigen, die den Lauf dieses gewaltigen Stromes
von der Quelle bis zur Mündung vollständig beherrschten. Sie leisteten hier
400 Jahre dem Andränge der Völker aus Norden in zahllosen Kriegen und
Schlachten glorreichen Widerstand. Als Rom sank, wurde die Donau der
Hauptleiter der großen Völkerwanderung. An ihren Ufern schlug Attila sein
Lager auf. Von hier brachen die Anführer der Gothen, der Heruler, der
Lombarden auf, um die Welt zu verwüsten. Alle Schöpfungen der Römer
im Donaugebiete zerfielen. Endlich zog Karl der Große aus Westen an
dem Strome herunter und verbreitete, das Reich der Avaren zertrümmernd,
fränkische Herrschaft, Eultur und Christenthum bis zur Theiß und den Mün-
düngen der Sau hinab. Durch ihn und seine Marken, die er in diesen
Gegenden stiftete, sing die Donau wieder an, ein deutscher Strom zu werden.
Die Stürme der Völkerwanderung dauerten jedoch im Donaugebiete viel
länger als in irgend einem andern Stromgebiete Mitteleuropa's. Den Ava-
ren folgten wieder aus Osten die Bulgaren, diesen die Magyaren, die Petsche-
Tiegen, Kumanen und Andere. Noch bis ins 10. Jahrhundert drangen von
der Donau her verwüstende Stürme barbarischer Horden in das civilisirte
Europa ein, bis es endlich den Deutschen gelang, die heidnischen Magyaren
zu besiegen, zum Christenthume und zur Annahme europäischer Cultur zu
bekehren.