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1. Bd. 1 - S. 519

1874 - Köln : DuMont-Schauberg
168. Die Ungarische Ebene oder das Pustenland. 519 schliche Ebene dehnt sich regungslos in die Weite. Die Lust und Alles ist still und tonlos, und nichts bezeichnet das Fortrücken der Stunden, als die Sonne mit ihrem Kreislauf, die ihre stillglänzenden Strahlen allmählich länger über diese unabsehbaren Felder und Steppen sallen läßt, und etwa noch der eigene Magen mit seinen verschiedenen Anforderungen. Das ist ja ein Land, als könnten sich hier nur die hinein werfen, die von allen Völ- kern vertrieben sind. Dennoch ist die Pusta weder ganz ohne Bewohner, noch auch ohne Cul- tur des Bodens. Sie hat Städte und Dörfer, zwar wenige und weit aus- einander liegende, aber sie sind gemeiniglich groß und volkreich. An der großen Straße zwischen Tokay und Debreczin trifft man fast nur alle drei oder vier Stunden ein Dorf, aber in einigen Gegenden erfreut oft Tage lang keine solche willkommene Ansicht das Auge des müden Reisenden. Fast alle Bewohner der Ebene, ausgenommen einige wenige Kolonisten, sind ächte Magyaren, und nichts sagt ihrer Neigung so zu, als das halb müßige, halb abenteuerliche Leben eines Pusta-Schäsers. Den Anzug des- selben bilden weite, schwarz-leinene Hosen und ein kurzes schwarzes Hemd, das kaum bis unter die Brust herabgeht und worüber er zuweilen eine bunt gestickte Weste oder Jacke trägt. Seine Füße sind durch lange Stiefeln oder Sandalen geschützt, und sein Kopf durch einen Hut, unter welchem zwei breite Haarflechten herunterhangen. Der aufgekrämpte Rand des Hutes dient ihm als Trinkgefäß, während der Sack, der an einem Riemen um feinen Hals hängt, das Brod und den Speck, fem dürftiges Mahl, enthält. Ueber das Ganze wird noch gemeiniglich die Bunda oder der behaarte Mantel ge- worfen. Ehe er zum Sommer auf die Weide zieht, siedet er Hemd und Hosen sorgfältig in Schweinefett, und, nachdem er seinen Kopf und Körper mit derselben köstlichen Salbe eingeschmiert hat, ist seine Toilette auf die nächsten sechs Monate beendigt. Dies geschieht aus Reinlichkeit; denn das Fett schützt den Hirten wirksam gegen eine Schar kleiner Feinde, von denen er sonst ganz bedeckt sein würde. Um seine Ausstattung zu vollenden, muß er noch eine kurze Pfeife in dem einen Stiefel stecken haben, so wie in sei- nem Gürtel einen Tabaksbeutel nebst Werkzeugen zum Feuerschlagen, Pfei- femeinigen, Tabakstopfen, Ascheschüren und sonstigen Erleichterungen des Rauchens. Die Bunda ist in Form eines engen Mantels ohne Kragen ge- macht, und besteht aus den Fellen der langwolligen ungarischen Schafe. Die Wolle wird völlig in ihrem natürlichen Zustande gelassen. Die glatte Seite ist oft sehr buntscheckig ausgeziert; die Nähte sind mit verschiedener- bigen Schnürchen gesäumt, an den Seiten und Rändern sieht man Blumen- bouquets in Seide gearbeitet, und ein schwarzes, siebenbürgisches Lammsfell schmückt den obern Theil des Rückens in Form einer Kapuze. Die Bunda ist für den Pusta-Schäser Haus, Bett, kurz, .Alles. Sebr selten, weder in den heißesten Tagen des Sommers, noch in den kältesten des Winters, ver-
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