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1. Bd. 2 - S. 111

1875 - Köln : DuMont-Schauberg
239. Die lange Nacht und die Mitternachtssonne in Hammerfest. Iii 239. Die lange Nacht und die Mitternachtssonne in Hammerfest. (Nach Theodor Mügge, Skizzen aus dem Norden.) In Hammerfest ist die lange Nacht die Zeit der Ruhe für alles Handelsleben, und man möchte sagen: der Polarkreis setzt dem ruhelosen Menschengeschlecht einen Markstein seiner Thätigkeit. Das Wasser ist öde, die Fische haben Frieden, der schmutzige Seelappe und der nordische Fischer liegen in Erdhütten am qualmigen Feuer und warten dort im trägen Winter- schlaf, bis der neue Tag erscheint. Die Kausleute in Hammerfest bringen ihre Bücher in Ordnung, und dann sitzen sie wohl am Bostontisch Tag oder Nacht, halten Bälle und Schmausereien, spielen sogar Komödie auf einem kleinen Privattheater und sehnen sich endlich unruhig nach der Zeit, wo der Lichtstreif im Osten hervorbricht. Doch ist die Zeit der langen Nacht nicht ganz so, wie wir sie uns vorstellen. Die Sonne geht freilich acht Wochen unter den Horizont, und vier Wochen lang, von Mitte December bis Mitte Januar, ist tiefe Finsterniß, so daß beständig Licht gebrannt werden muß. Indes; ist diese doch nicht so schwarz, daß nicht bei hellem Wetter zur Zeit der Mittagsstunde eine Art Dämmerung einträte, bei der man am Fenster auf eine halbe Stunde oder eine Stuude lesen könnte. Die Sterne stehen dabei glänzend hell am Himmel; Nordlichte jedoch sind auch hier seltener, als mehr südlich. Ist aber trübes Wetter, so herrscht die finsterste, ununter- brochenste Nacht. Mitte Januar wird die Dämmerung lichter, und ist der Tag erst einmal angebrochen, so wächst er auch rasch. Nun gleicht die Natur den Unterschied aus, und im Juni und Juli beschreibt die Sonne Kreise um ✓ den Himmel, ohne jemals sich vom Horizont zu entfernen. Der ganze Unter- schied zwischen Mittag und Mitternacht ist dann, daß die Strahlen etwas bleicher und matter werden, ohne die belebende Wärme zu verlieren. Es ist sehr eigentümlich, daß, so lange diese tageshelle und sonnenvolle Nacht dauert, der Wind ganz schweigt und eine durch nichts gestörte Ruhe in der Natur herrscht, als wolle diese gleichsam dadurch die Zeit des Schlafes ankündigen. Mit dem Morgen erhebt sich der Wind wieder und die Wetter werden losgelassen von den Nebelgeistern und allabendlich eingefangen; die Sonne der Nacht scheint aber oft so heiß (18 °), daß sie lästig werden kann. Dieser anhaltende Tag und Sonnenschein macht es auch wohl allein möglich, daß noch Aernten gedeihen. Wie seltsam ist aber der Mensch! Es wohnen hier reiche Handelsherren, welche ihr ganzes Leben unter diesem fürchterlichen Klima zubringen. Manche von ihnen könnten, wenn sie wollten, im schönen Süden leben, allein sie bleiben in dieser Wüste und sterben darin. Wer hieher kommt, thut es natür-
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