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1. Bd. 2 - S. 126

1875 - Köln : DuMont-Schauberg
126 Iii. Länder- und Völkerkunde. A. Europa. in dem gänzlichen Mangel des Racenstolzes gegenüber den dem ungeheuren Reiche einverleibten Bestandtheilen liegt das Geheimniß der natürlichen Russi- ficirung. Die seit 1861 immer entschiedener durchschlagenden Reform-Bestre^ bungen in humanem Sinne tragen wesentlich zur Beschleunigung des Ver- schmelzungsprocesses bei. Der russische Eultur-Typus breitet sich unaushalt- sam in dem asiatischen Machtgebiete des russischen Weltstaates aus und findet nur in der erstarrten chinesischen Cultursorm eine Schranke. Der Eng- länder beherrscht in Asien die eroberten Gebiete, der Russe russificirt die seinem Einflüsse unterworfenen Völkerschaften. Darin liegt ein verhäng- nißvoller, für die Zukunft Asiens entscheidender Gegensatz. Rußlaud ist eine Eontinentalmacht, England eine Seemacht, während Nordamerika, geographisch wie politisch, beide Machtrichtungen repräsentirt. Rußland beherrscht von einem Mittelpunkte aus halb Europa und ein Drittel von Asien; England beherrscht von mehreren weit entfernten Punkten aus die Meere und den Ocean. Jenes hat durch seine Landkriege die gerade Richtung nach den Küsten und Strommündungen genommen: die Levante ist seinem Handel und seinen Kriegsschiffen geöffnet, und von Persien aus weist ihm der Euphrat den Weg nach Indien: dieses kann nicht mit gleichem Vor- theil von den Küsten aus, die es sperrt, in das Land eindringen und Ge- setze vorschreiben. Seine indische Landmacht ist nach so vielen Eroberungen mehr die unsichere Besatzung eines eroberten Landes, als ein taugliches Werkzeug für Vertheidigung und Angriff. Die Politik des Eabinets von St. James muß alles umspannen, was in den Bereich seiner Macht gehört: von Singapur bis zum Eap, von Malta bis Jamaica und zum Niagara. Dadurch wird Englands Kraft zersplittert: und hat es gleich den Welthandel in seiner Gewalt, so kann es doch nicht die übrigen Seemächte von dem Markte ausschließen, ohne sich selbst den größten Schaden zuzufügen. Noch wichtiger ist ein anderer Unterschied zwischen den beiden politischen Kolossen. Rußland befindet sich auf den ersten Stadien der allseitigsten Entwickelung seiner ungeheuren Natur- und Volkskraft: es kann rasch und uugehindert auf dieser Bahn vorwärts schreiten; die Einheit und Stärke seiner Central- regieruug, die Menge von Talenten, welche der Thron um sich versammelt und über die er frei verfügt, der unbedingte Gehorsam von 80 Millionen Menschen, die großenteils uur wenig über die ersten Stufen der Bildung sich erhoben haben: alles dies sichert dem aufgeklärten, über seinem Volke stehenden Selbstherrscher, sobald er nur weiß, was er will, was er kann und soll, den Erfolg. Er erblickt in der Zukunft seines Reiches mehr Hoffnungen als Gefahren. Was zu der Macht dieser in strenger Einheit geschlossenen Nation noch sehr viel beiträgt, ist die Uebereinstimmung des kirchlichen Glaubens. In der „orthodox- (rechtgläubig) griechischen" Kirche ruht eine der stärksten Wurzeln der Nationalität; in ihr fühlen sich die Taufende von Meilen entfernt
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