1. Bd. 2
- S. 434
1875 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Völkerkunde?
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Iii. Länder- und Völkerkunde. C. Afrika.
In der Gegend von Makade, südlich vom blauen Fluß, werden drei große
Steine angebetet, die aus der Sonne herabgefallen sein sollen. Ein jedes
Dorf, ein jeder Flecken hat seine eigene Regierung und seine eigene Religion.
Die mohammedanischen Gallas befolgen die Vorschriften des Korans mit
größerer Gewissenhaftigkeit als die Araber selbst. Die christlichen Gallas
empfangen das Christenthum der Abessinier mit allen seinen Auswüchsen
von Bilderdienst und Streitsucht. Mit der Annahme einer anderen Religion
ändern die Gallas auch gewöhnlich ihren Charakter. Ohne ihre Laster in
Tugenden zu verwandeln, werden sie alsdann faul, hinterlistig, tückisch, Hab-
gierig und sanatisch. Die letztere Eigenschaft findet sich hauptsächlich bei den
mohammedanischen Gallas, die, ganz gegen die Weise der Muselmänner,
im höchsten Grade intolerant sind, und öfters im wildesten Fanatismus zu
den gewalttätigsten Bekehrungsmaßregeln gegen andere Gallastämme schreiten.
Der Glaube an gute und böse Geister, Hexen, Zauberer, Verzauberungen
u. s. w. ist überall gleichmäßig verbreitet. Menschenopfer, um die Götter
zu versöhnen, finden in Zeiten der Noch Statt. Drückt eine Hungersnot!)
oder eine andere Kalamität das Land und erscheint in solchen Augenblicken
eine Karawane, so wird alsdann das Loos über sie geworfen, und der, den
es trifft, den zürnenden Göttern geopfert. In jedem andern Falle sind sie
sehr gastfrei, und man reis't im Ganzen weit sicherer unter ihnen als unter
den anderen Völkerstämmen Abessiniens, welche die Reisenden, namentlich
die Europäer, nur in ihre Hänser ausnehmen, um sie desto sicherer berauben
zu können.
335. Die Bewohner der Serberei.
(Nach Hermann Fürst von Pückler-Muskau, Semilasso in Afrika, und
L. Buvry, Algerien und seine Zustände.)
Die Berbern (vom griechischen ßaqßaqoi), zu denen auch die Ka-
bylen gehören, können als die Urbewohner der Berberei angesehen werden.
Sie bilden ohne Zweifel ein Gemisch von Karthagern, Römern, Numidiern und
Saracenen, und mögen von allen ihren Vorfahrern etwas beibehalten haben.
Diese Leute finden sich in verschiedenen Stämmen (Tribus) über die ganze
Berberei, von Marokko bis zum Golf von Sidra, vertheilt. Sie sind in
der Regel von hoher Statur, mager, muskulös und von entschlossenem
Charakter, mit durchdringenden Augen und sast immer schönen Zähnen, die
mit ihren römischen Zügen und schwarz gebrannten Gesichtern schön contrasti-
ren. Sie wohnen meist in den Bergen, entweder in elenden Hütten von
Erde und Steinen oder in schwarzen Zelten, von Ziegenhaar gewebt. Höchst
genügsam und mäßig, fast nur von Brod, Milch und Datteln lebend,