1. Bd. 2
- S. 611
1875 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Völkerkunde?
- Geschlecht (WdK): Jungen
423. Die Australier.
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Selbst der 300 Meilen lange Murray und der Morumbiji, die einzigen
bekannten permanenten Ströme des Landes, welche jederzeit einen zusammen-
Hangenden Wasserlauf besitzen, sind für die Schifffahrt nur von geringer Bedeutung.
Landcommunicationen sind das einzige Verkehrsmittel in Australien, und die
Eisenbahnen werden hier dereinst vielleicht eine Wichtigkeit gewinnen, wie
kaum sonst irgendwo auf dem Erdboden.
433. Die Australier.
(Nach Fr. Müller, Ethnographie, bearbeitet vom Herausgeber.)
Die dunkelfarbigen Ureinwohner des australischen Kontinents, Tasma-
niens und der umliegenden kleinen Inseln bilden einen besonderen Racen-
Typus, der sowohl von den kraushaarigen, dunkeln Papuas als auch von
den straffhaarigen, olivengelben Malayo-Polynesiern zu unterscheiden ist.
Im Allgemeinen erreicht der Australier nicht die Mittelgröße des Weißen
und bleibt in Betreff der Muskelentwickelung weit hinter ihm zurück. Das
nicht bloß am Kopfe, sondern am ganzen Körper üppig entwickelte Haar ist
pechschwarz und etwas gekräuselt, ohne wollig zu werden. Es breitet sich
vom Kopfe strahlenförmig nach allen Richtungen aus, wodurch dieser bedeu-
tend größer erscheint. Ueber den kleinen, tiefliegenden Augen hängen dicke,
schwarze Augenbrauen herunter. Die Ausdünstung der Haut ist von wider-
lichem Gerüche und wird noch unerträglicher durch das Einreiben des Kör-
pers mit dem Fette größerer Fische.
Die Australier zeigen in allen Verrichtungen, welche sich auf das tag-
liche Leben beziehen, eine ungemeine Geschicklichkeit, sind daher für jede Art
mechanischer Fertigkeiten gut zu verwenden, vortreffliche Jäger und Vieh-
Wärter, auch brauchbare Arbeiter, sobald ihnen die Arbeit genau vorgezeichnet
ist. Bei ihrem bedeutenden Nachahmungstalente lernen sie leicht fremde
Sprachen, wie sie auch für Musik und Malerei ein leidliches Talent besitzen.
Die zahlreichen Sprachen der verschiedenen kleinen Stämme scheinen im
tiefsten Grunde mit einander verwandt zu sein, hängen aber mit keiner
Sprache weder der neuen noch der alten Welt zusammen, sondern stehen,
gleich der australischen Race, vollkommen isolirt da. Merkwürdig ist, daß
der Australier, wie aus seiner Sprache hervorgeht, für Zahlen — also für
Abstraktionen — gar keinen Sinn zeigt, indem die meisten Stämme nur bis
3, einige bis 5 (welches obendrein ein unbestimmter Ausdruck ist) zählen
können. Die Producte des dichtenden Volksgeistes sind, wie sich nach der
Niedern Eulturstufe erwarten läßt, ganz unbedeutend; ihre Lieder enthalten
nur kurze, abgerissene Gedanken ohne Zusammenhang. Von Fabeln, Märchen
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